Gericht stoppt Regionalplan: Schub für Windkraft im Norden?

Das Bundesverwaltungsgericht hat Schleswig-Holsteins Regionalplan für den Bau von Windrädern aufgehoben. Das könnte den Ausbau von Windparks erleichtern.

Windenergieanlagen stehen auf einer Weide.

Da hat's geklappt mit der Genehmigung: Windräder auf einer Weide bei Reußenköge in Schleswig-Holstein Foto: dpa | Marcus Brandt

RENDSBURG taz | Einer von drei Regionalplänen, mit dem Schleswig-Holsteins schwarz-grüne Landesregierung den Ausbau von Windparks steuern will, gilt nicht mehr: Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Schleswig bestätigt, das diesen Plan bereits im März vergangenen Jahres gekippt hatte. Damit ist für den nördlichsten Teil des Landes die bisherige Planung aufgehoben.

Betroffen sind die Stadt Flensburg sowie die Kreise Schleswig-Flensburg und Nordfriesland, wo einige der windreichsten Regionen des Landes liegen. Die schwarz-grüne Landesregierung will „mit Hochdruck“ neue Regeln aufstellen. Doch der Plan-lose Zustand könnte sogar einen Schub für die Windkraft bedeuten, hofft zumindest der Landesverband für erneuerbare Energien (LEE SH).

Im nördlichen Schleswig-Holstein stehen bereits zahlreiche Mühlen. Daher sei es kaum möglich gewesen, die Genehmigung für den Bau weiterer Anlagen zu erhalten, sagt Marcus Hrach, Geschäftsführer des LEE SH. Schließlich hatte die Landesplanung nur bestimmte Gebiete für Windkraft vorgesehen. Eben deshalb biete die aktuelle Lage eine Chance. Denn der Ausbau von Windkraft gilt inzwischen als „privilegierte Nutzung“, wenn keine anderen Interessen wie Lärm- oder Naturschutz betroffen sind. „Durch die jetzt geltende Privilegierung können im Planungsraum Anlagen genehmigt werden, noch bevor die nächste Regionalplanung abgeschlossen ist“, sagt Hrach.

Regeln auch ohne gültigen Regionalplan

Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) bestätigt: Statt nur auf den Flächen, die das Land mit seiner Planung dafür festlegen wollte, sei „die Nutzung der Windenergie nun vorübergehend im gesamten Planungsraum zulässig“. Sie findet dieses Ergebnis bedauerlich. „Nun tritt ein, was wir unbedingt vermeiden wollten“, erklärte die Ministerin, deren Haus die Regionalpläne geschrieben hatte. Gegen alle drei hatte es Klagen gegeben, sowohl um mehr Mühlen zu bauen als auch, um welche zu verhindern.

Zuständig für die Prüfung und Genehmigung von Anträgen für neue Mühlen ist das Landesamt für Umwelt (LfU) in Flintbek. Auf die Behörde werde nun mehr Arbeit zukommen, erwartet Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne). Er appelliere „an alle Antragsteller, nur sehr reife Neuanträge einzureichen, um das hohe Bearbeitungstempo nicht zu gefährden, das wir derzeit in Schleswig-Holstein haben“.

Schon einmal war dem Land seine Regionalplanung geplatzt, in der Folge gab es eine lange Pause. Erst seit wenigen Jahren werden wieder in höherem Tempo neue Anlagen genehmigt und gebaut.

Auch ohne gültigen Regionalplan gelten einige Regeln, darauf weist die Landesregierung hin. So dürfen Windkraftanlagen nicht zu dicht an Wohnhäusern gebaut werden, auch Straßen, Flugplätze, Hochspannungsleitungen, Natur- und Wasserschutzgebiete, Wälder sowie der Nationalpark Wattenmeer fallen für die Windenergienutzung aus. Auf der restlichen Fläche seien ohnehin schon mehrere Parks geplant, sagte Innenministerin Sütterlin-Waack.

Ihr Kabinettskollege Goldschmidt betonte: „Windenergie bedeutet Klimaschutz, aber eben auch Eingriffe in Landschaft und Natur. Umso genauer werden wir bei den Genehmigungen hinschauen.“ Parallel werde ein neuer Plan entworfen, der bis 2027 fertig sein solle.

Viel zu spät, kritisiert Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD): „Der Zeitrahmen ist ein Witz.“ Denn das Urteil, eine „Klatsche“ für die Regierung, sei absehbar gewesen, die Untätigkeit der Ministerin ein „Skandal“. Nun drohe Wildwuchs, also „genau das Szenario, was wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten parteiübergreifend verhindern wollten“, warnt Midyatli. Sie und der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Marc Timmer, fordern nun, dass die Regierung mit einem „Kraftakt“ schnell neue Pläne erstelle.

Auch Marcus Hrach fordert, dass die Landesplanung schnellstens eine neue Flächenplanung für die Windenergie vorlegen solle. Zwei Punkte sollen dabei im Zentrum stehen: Die Planung müsse rechtssicher sein und sie müsse das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 mitdenken.

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