Gewalt bei Protesten in Niger: Wer hat in Téra geschossen?

Augenzeugen machen die französische Armee für mehrere Tote und Verletzte in Niger verantwortlich. Deren Sprecher gibt Demonstranten die Schuld.

Blick aus einem Militärfahrzeug.

Französische Soldaten der Mission Burkhane in Mali (Archivbild) Foto: Benoit Tessier/reuters

COTONOU taz | Alle Seiten sprechen von „schwerer Gewalt“ in Téra, einer gut 90.000 Ein­woh­ne­r*in­nen großen Stadt im Südwesten des Niger. Bei Demonstrationen gegen einen Konvoi der französischen Militärmission Barkhane – begleitet von einer Eskorte 40 nigrischer Gendarmen – sind am Samstag 2 Menschen ums Leben gekommen, 18 wurden verletzt, davon 11 schwer.

Der Konvoi war von der ivorischen Hafenstadt Abidjan über Burkina Faso und Niger auf dem Weg ins malische Gao, von wo aus Barkhane Antiterrorismuseinsätze ausführt. Am Montagabend ist er dort auch angekommen. Die nigrische Regierung von Präsident Mohamed Bazoum hat zügig eine Untersuchung der Vorfälle angekündigt, um die Verantwortlichen zu ermitteln.

In einem Bericht des französischen Senders TV5Monde werfen Augenzeugen der französischen Armee massive Gewalt vor. Sie soll Tränengas gegen die De­mons­tran­t*in­nen eingesetzt und auf sie geschossen haben. Im Internet zirkulieren Bilder von Patronenhülsen sowie Listen mit den Namen der Opfer.

Der Druck auf die französischen Streitkräfte steigt. In einem Fernsehinterview sagt deren Sprecher Pascal Ianni, er könne auf die Frage, ob die De­mons­tran­t*in­nen durch französische Kugeln getötet wurden, nicht antworten. Die Proteste seien „extrem gewalttätig“ gewesen. Zivile Fahrer seien verletzt worden. Man habe versucht, besonders gewaltbereite Teil­neh­me­r*in­nen zu verjagen, um ein „echtes Drama, ein Massaker“ zu verhindern.

Frust über Frankreich in der Sahelzone

Eine Konsequenz hat Präsident Mohamed Bazoum möglicherweise bereits gezogen. Am Montagabend ließ er im Radio die Umbesetzung seines Kabinetts ankündigen, ohne dafür Gründe zu nennen. Neuer Innenminister wird Hamadou Adamou Souley, der als Vertrauter Bazoums gilt und aus der Krisenregion Tillabéri stammt. Der bisherige Innenminister Alkache Alhada bleibt allerdings im Kabinett und wird Handelsminister.

Der Barkhane-Konvoi ist bereits zum zweiten Mal an der Weiterfahrt gehindert worden. Eine Woche zuvor hatten De­mons­tran­t*in­nen in Kaya im Norden von Burkina Faso eine Blockade errichtet. Vier Menschen wurden verletzt.

Die Proteste spiegeln die steigende Unzufrieden über die französische Präsenz im Sahel. Trotz der großen Barkhane-Operation mit 5.100 Sol­da­t*in­nen nehmen Gewalt und Unsicherheit weiter zu. Angestiegen war der Unmut noch einmal im September, als Europa die bekannt gewordene Kooperation zwischen Mali und der russischen Wagner-Gruppe – sie verkauft weltweit Sicherheitsdienste und gilt als Russlands Schattenarmee – scharf kritisierte. Sie würde im Gegensatz zu den Stabilisierungsbemühungen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union stehen.

Dieses Argument wird nicht nur in Mali als Bevormundung empfunden. Die Staaten seien schließlich souverän und könnten selbst entscheiden, mit wem sie Verträge abschließen.

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