Hamburger FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding: Der Blickfang

Auf Katja Suding ruhen alle Hoffnungen der FDP, die seit sieben Jahren in der außerparlamentarischen Opposition schmort. Die Botschaft: "KatJa".

Denkt positiv: Katja Suding beim FDP-Landesparteitag. Bild: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Nett ist sie, die Katja Suding. Freundlich, aufmerksam, geduldig. Und immer gut gelaunt. Manchmal kann sie sehr konzentriert zuhören, aber spätestens, wenn sie antwortet, lächelt sie wieder. Sie ist ein positiv denkender Mensch.

Vor zwei Wochen, auf einer Podiumsdiskussion des DGB vor mehr als 100 Personal- und Betriebsräten, hatte Katja Suding ein Auswärtsspiel. Eingeklemmt zwischen Rot-Grün saß sie da, zwischen Olaf Scholz und Anja Hajduk.

Sie begann zaghaft, wurde zusehends sicherer, fügte schließlich der Aussage "Es wundert Sie vielleicht, aber ich bin für starke Gewerkschaften" die Aufforderung hinzu: "Jetzt könnten Sie eigentlich mal klatschen." Einige klatschten höflich. Es sei "das Adrenalin", sagt sie hinterher mit glänzenden Augen, das genieße sie. Druckempfindlich ist sie nicht. Sie zu unterschätzen, wäre ein Fehler.

30.12.1975: geboren in Vechta (Niedersachsen)

1996: Abitur in Vechta

1999-2003: Studium der Kommunikations- und Politikwissenschaften sowie Romanistik in Münster, M. A.

seit 1999 im PR-Bereich tätig, seit Januar 2011 Account Director bei der Agentur Edelman in Hamburg

seit 2000 verheiratet, lebt mit Mann und zwei Söhnen in Hamburg-Rissen

seit 2006 Mitglied der FDP

Katja Suding will die Hamburger FDP wieder in die Bürgerschaft führen. Mit frischem Wind, mit wehenden Haaren, im gelben Friesennerz lacht sie von den Plakaten, als "unser Blickfang", wie Parteichef Rolf Salo sagt. Die Aussage ist simpel: "KatJA". Und: "Positiv denken. Positiv handeln."

Reduzierter geht es nicht, die Botschaft ist die Frau selbst, die Bild "die schärfste Waffe der FDP" nennt. Katja Suding zuckt die Schultern. Da müsse man eben durch, als Frau, als Politikerin. Ob es ihr besser gefiele, wenn die taz sie "das menschliche Antlitz des Neoliberalismus" nennen würde? Katja Suding hebt kurz die Augenbrauen und sagt: "Von Ihnen hätte ich mehr erwartet."

Die 35-jährige PR-Beraterin ist für all das, wofür Freidemokraten eben so sind: mehr Wirtschaft, mehr Sparen, mehr Arbeit, weniger Staat und mehr Eigenverantwortung, mehr Kultur und mehr Bürgerrechte, und für bessere Schulen und bessere Kitas ist Katja Suding natürlich auch.

An dieser Stelle erwähnt sie gewöhnlich ihre Söhne, acht und sieben Jahre alt: "Ich als Mutter weiß, wovon ich rede." In ihrem Halbtagsjob in einer Hamburger PR-Agentur macht Katja Suding Werbung für Alkoholika wie Baileys oder Smirnoff. Das sei "schon sensibel", räumt sie ein: "Ich will ja nicht Jugendliche zum Trinken harter Sachen animieren."

Bei Journalisten hat Katja Suding sich beliebt gemacht. Sie ist fotogen und pflegeleicht, lächelt frisch in jede Kamera und spricht kurze, knappe Statements in die Mikrophone. Eine Schulung habe sie nicht gemacht, sie sei einfach, wie sie sei: "Eigentlich", sagt Katja Suding, "rede ich gar nicht gern so viel."

Und eine talentierte Straßenwahlkämpferin ist Katja Suding auch noch. Sie geht strahlend auf Passanten zu und fragt: "Wollen Sie sich mal gerne über mich informieren?" Sie verteilt blaugelbe Eiskratzer mit dem Aufdruck "Wir schaffen Durchblick. FDP." In diesem kühlen Winter gehen die gut, selbst auf dem Spritzenplatz im Szene-Viertel Ottensen, wo Punks Dosenbier schlürfen und in Sichtweite ein halbes Dutzend prominenter GALierInnen wohnen. "Das ist hier Grünland", grinst ein FDPler am Wahlkampfstand, "wir werden hier nur stundenweise geduldet." Und schaut zu Katja Suding rüber, die lachend mit einem Paar mittleren Alters plaudert. "So eine", sagt er, "hatten wir noch nie."

Katja Suding ist die Galionsfigur der seit langem zerstrittenen Hamburger FDP. 1993 flogen die Liberalen aus der Bürgerschaft, 2001 schafften sie mit hauchdünnen 5,1 Prozent ein Comeback, um dann in der Koalition mit CDU und Schill-Partei binnen zweieinhalb Jahren pulverisiert zu werden. Seitdem verbrauchte der Haufen intriganter alter Männer in der außerparlamentarischen Opposition ein halbes Dutzend Vorsitzende und Spitzenkandidaten.

Auch Katja Sudings Nominierung verlief nicht reibungslos. Kurz vor Weihnachten schlug Parteichef Salo, der seine eigene Chancenlosigkeit erkannt hatte, sie im Landesvorstand als Spitzenkandidatin vor. Ein Drittel des Gremiums stimmte gegen sie, bei ihrer offiziellen Kür auf einem Parteitag am 4. Januar bekam sie ebenfalls nur 67 Prozent. "Ehrliches Ergebnis" nennen Politiker gewöhnlich solche wenig glänzenden Resultate, Katja Suding sagt: "Dann muss ich die anderen wohl noch von mir überzeugen."

Dass ihre Karriere beendet ist, wenn die FDP am Sonntag an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, weiß sie. Dass sie im Erfolgsfall ihre Bürgerschaftsfraktion im Griff haben könne, glaubt sie zumindest. Dass sie und die FDP "nicht um jeden Preis mitregieren" wollen, beteuert sie mehrfach. Denn das Image der pöstchengeilen Umfallerpartei haftet den Liberalen noch immer an. Sudings Taktik ist, so zu tun, als ob sie das nichts anginge. "Früher", ja, das könne so gewesen sein, vor ihrer Zeit. Das sei nicht das, wofür sie stehe.

Katja Suding steht vor allem für das Gegenteil von grüner Politik. "Umweltzone, City-Maut, Stadtbahn, Anti-Auto-Politik" zählt sie auf, und dann noch "die Einheitsschule" - nicht mit ihr. Wenn man die Grünen lasse, dann würde "ganz Hamburg zum Naturschutzgebiet, und Arbeitsplätze gibt es nur noch für Vogelkundler", sagt Suding. Deshalb sei entscheidend, "wem die Schlüsselfunktion" als Koalitionspartner der SPD zufalle - der GAL oder der FDP: "Das macht den Unterschied."

Da hat sie sicher Recht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.