Harmonisierung des Steuerrechts: Einheitliche EU-Gewinnberechnung

Die EU-Kommission will, dass Unternehmen ihre Gewinne künftig in jedem EU-Land gleich berechnen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund übt Kritik an der Umsetzung.

Das Dreamteam: Angela Merkel und Nicolas Sarkozy haben die Harmonisierung des Steuerrechts in den "Pakt für den Euro" eingebunden. Bild: dapd

HAMBURG taz | Ein Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission sieht vor, dass grenzüberschreitend tätige Unternehmen nicht mehr für jedes einzelne EU-Land nach jeweils unterschiedlichen Regeln ihre Gewinne ermitteln, sondern dies zukünftig einmal einheitlich für ganz Europa machen sollen. Freiwillig, wenn der Konzernvorstand es beschließt.

Genau darin sieht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), eigentlich ein Fürsprecher einer solchen Vereinheitlichung, einen entscheidenden Knackpunkt. So sei es "falsch", kritisierte Mehrdad Payandeh, Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung des DGB, gegenüber der taz. Nur Konzerne, die sich steuerliche Vorteile erhofften, würden dann den neuen EU-Standard nutzen. "Das würde in Deutschland zu Mindereinnahmen aus der Körperschaftsteuer führen."

Der litauische EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta hatte am Mittwoch in Brüssel einen Gesetzesvorschlag für eine einheitliche Bemessungsgrundlage der Gewinne vorgestellt. Bereits 2001 war eine entsprechende Initiative von der EU-Kommission gestartet worden. Doch kürzlich hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy die überfällige Harmonisierung des Steuerrechts in den "Pakt für den Euro" eingebunden. Der Pakt wurde im März auf einem EU-Gipfel geschlossen.

Die Höhe der Gewinnsteuern, die Konzerne tatsächlich zahlen, hängt entscheidend von der sogenannten Bemessungsgrundlage ab. Aus der Bemessungsgrundlage ergibt sich der Gewinn, für den Unternehmen ihren Obolus an den Fiskus entrichten. Bislang gibt es allerdings in der EU genau 27 unterschiedliche Rechenmodelle. Diesen Punkt will die EU-Kommission nun harmonisieren. Zukünftig sollen Konzerne ihre Gewinne nach einer einheitlichen Formel berechnen können.

Die Kommission schätzt, dass die Wirtschaft dadurch jährlich 700 Millionen Euro Verwaltungskosten einspart. Unternehmerverbände unterstützen den EU-Vorschlag. "Zentrales Ziel ist, die Systeme zu vereinheitlichen, nicht die Tarife", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Werner Schnappauf.

Von einem "Schritt in die richtige Richtung" spricht auch die gewerkschaftsnahe Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Die Steuerbasis europaweit zu vereinheitlichen, sei überfällig. Die EU-Kommission, so Arbeitsgruppensprecher Rudolf Hickel, müsse aber sicherstellen, dass die konzerninternen Verrechnungen überall nach denselben Regeln stattfänden. Wenn Autoteile von Litauen nach England geliefert würden oder Finanzen von Frankfurt nach Paris flössen, werde in der Bilanzpraxis heftig geschummelt, sagt der Wirtschaftsprofessor. Nicht angepackt wird mit dem Kommissionsvorschlag die Harmonisierung der Steuersätze. Bislang zahlen Unternehmen in Deutschland von ihrem offiziellen Gewinn 30 Prozent Steuern, in Litauen 20 Prozent und in Irland nicht einmal 13 Prozent.

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