Hunderte Tote durch Fluten: Land unter in Ostafrika

In Kenia und Tansania starben Hunderte Menschen durch Starkregen und Überschwemmungen. Schuld ist nicht nur das Wetter.

Bewohner von Mai Mahiu in Kenia gucken auf ihre davongeschwemmte ehemalige Wohnsiedlung Foto: Daniel Irungu / epa efe

KAMPALA taz | Die Regenzeit setzte in Ostafrika mit voller Heftigkeit ein. Von der Küste am Indischen Ozean bis tief in den kongolesischen Dschungel hinein kam es in den vergangenen Tagen und Wochen zu extrem starken Regenfällen, die ganze Regionen überfluteten, Seen und Flüsse übertreten und sogar Dämme bersten ließ.

Allein in Kenia verloren laut offiziellen Angaben in den vergangenen Tagen 169 Menschen in den Fluten ihr Leben. Weit über 100 mussten schwerverletzt in Krankenhäusern behandelt werden. In der Hauptstadt Nairobi verloren über 10.000 Menschen ihre Häuser, vor allem in den zahlreichen Armenvierteln, wo es kein funktionierendes Abwassersystem gibt. Immer noch suchen landesweit Einheiten des Katastrophenschutzes nach Hunderten Vermissten, so Regierungssprecher Isaac Mwaura.

Besonders hart traf es Dörfer rund um die Kleinstadt Mai Mahiu, rund 50 Kilometer nordwestlich von Nairobi mitten im Rift Valley. Dort starben am Montag bis zu 50 Menschen in den Fluten, noch immer werden Dutzende vermisst.

In den bewaldeten Bergen rundherum hat es bereits in den vergangenen Jahren Schlammlawinen gegeben, die tonnenweise Erde und Gestein in die Täler gespült hatten. All dieses Geröll wurde dann durch den Starkregen am vergangenen Wochenende in ein Flussbett gespült, wo es am Montag eine Eisenbahnbrücke traf, die letztlich brach und den gewaltigen Wasser- und Geröllmassen den Weg ins Tal nach Mai Mahiu freigab und zahlreiche Menschen im Schlaf überraschte.

Kenias Geologen kritisieren bereits seit Jahren, dass die Regierung keine Präventionsmaßnahmen habe, um solche Katastrophen frühzeitig zu erkennen oder ihnen zu begegnen, bevor sie Menschenleben kosten.

Von Tansania bis Äthiopien

Dies ist auch in den umliegenden Ländern der Fall. In Tansania starben bislang 155 Menschen durch Fluten und Erdrutsche. Über 50.000 Häuser wurden zerstört, weit über 200.000 Menschen wurden dadurch obdachlos, so Premierminister Kassim Majaliwa.

In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ertranken in der vergangenen Woche mindestens vier Menschen, so die Katastrophenschutzkommission. Das UN-Koordinierungsbüro in Äthiopien warnte zu Beginn der Regenzeit im April, dass in dem gebirgigen Land rund 1,9 Millionen Menschen von Fluten und Starkregen gefährdet seien.

Im kleinen bettelarmen Burundi erreichte der Wasserstand des gewaltigen Tanganyika-Sees durch Starkregen ein Rekordhoch und der See trat über die Ufer. Mit dazu beigetragen hat auch die Tatsache, dass der einzige Abfluss aus dem gewaltigen See, der Lukuga-Fluss Richtung Demokratische Republik Kongo, durch Schlamm und Geröll teilweise blockiert ist und die Wassermassen deswegen nicht abfließen können.

Besonders schlimm betroffen ist die Gegend Gatumba am nordöstlichen Ufer des Sees, wo über 2.000 Haushalte evakuiert werden mussten. Zwischen überfluteten Häusern stapfen statt der Menschen Nilpferde durch die Gassen.

Verursacht wird das Extremwetter von zwei Phänomenen in den Ozeanen, gepaart mit dem Klimawandel. Bekannt sind zum einen die Meeresströmungen namens El Nino, die alle paar Jahre im Pazifik auftreten und die Wassertemperatur auf der gesamten Südhalbkugel ansteigen lassen.

Verstärkt wird dies an der Ostküste Afrikas durch einen Temperaturanstieg im Indischen Ozean, das sogenannte Dipole. Dabei ist die Wassertemperatur in Küstennähe erhöht, während sie im östlichen Ozean unter dem Durchschnitt liegt. Dies sorgt für enormen Niederschlag. Die internationale Wetterorganisation hat angekündigt, dass dieses Phänomen noch das ganze Jahr 2024 andauern kann.

Es gab Warnungen – sie wurden ignoriert

Bereits im vergangenen Jahr kam es im Juni und im November, also jeweils in der Regenzeit, zu Überschwemmungen in ganz Ostafrika, die weit über 1.000 Menschen das Leben kosteten. Die UNO warnte damals schon vor einer „Jahrhundertflut“.

In diesem Jahr haben sämtliche Wetterinstitute in der Region bereits im Frühjahr vor Extremwetter und Starkregen gewarnt. Doch nur die wenigsten Regierungen haben reagiert.

In Ruanda immerhin, wo bei Überschwemmungen im vergangenen Jahr über 130 Menschen starben und über 20.000 Menschen obdachlos wurden, ist im Westen des Landes ein gewaltiges Auffangbecken ausgehoben worden, das zwei Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Sebeya-Fluss aufnehmen kann, sollte dieser erneut über die Ufer treten.

Seit über einem Jahr arbeitet das ruandische Wasseramt WRB an Notfallplänen und Präventivmaßnahmen, um die Bevölkerung zu schützen. Dieses Modell will nun auch Kenias Regierung einführen.

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