IAA Automesse in München: Luxusschlitten und Spritschleudern

In München eröffnet am Dienstag die IAA Mobility 2023. Klimaprotestgruppen wollen die Ausstellung auf öffentlichen Plätzen stören.

Protestaktion von Greenpeace, versunke Autos und 2 Aktivisten,die gelbe Schilder halten

Klimaprotest gegen die IAA in München am Montag Foto: Angelika Warmuth/reuters

MÜNCHEN taz |Größer, bürgernäher und nachhaltiger – dieses Bild will der Verband der Automobilindustrie (VDA) rund um die Internationale Automobilausstellung (IAA) 2023 in München zeichnen. „Entdecken Sie das weltweit größte Mobilitätsevent“, heißt es auf der Website. Die IAA, die vom 5. bis 10. September laufen wird, trägt seit 2021 den Zusatz „Mobility“ im Namen.

Am Max-Joseph-Platz in der Münchner Innenstadt laufen am Wochenende die letzten Vorbereitungen. BMW baut hier seinen Stand auf. Am Königs-, Marien-, Wittelsbacherplatz, an der Ludwigstraße, in den Innenhöfen der Residenz und im Englischen Garten wird ebenfalls gewerkelt. Zum zweiten Mal wird die bayerische Landeshauptstadt zur Ausstellungsfläche. Der Zugang zu den Flächen sei „natürlich kostenlos“, heißt es auf der Website der IAA.

Am heutigen Dienstag beginnt das Spektakel. Bundeskanzler Olaf Scholz eröffnet die Messe. Wie im letzten Jahr liegt ihr Herzstück auf dem Münchner Messegelände. Hier treffen sich Fachbesucher*innen, um Lieferketten zu verhandeln und mit Ver­tre­te­r*in­nen aus der Politik zu diskutieren. Bei der letzten IAA fanden sich besonders auf dem Messegelände viele konventionelle Luxusschlitten und Spritschleudern.

In der Innenstadt will man dagegen das Bild der Mobilität der Zukunft zeichnen – wie sie sich zumindest Firmen wie Mercedes und Porsche vorstellen. Hier können Autos Probe gefahren werden. Mittlerweile gebe es einen Fokus auf E-Bikes, heißt es vom Verband der Autohersteller. Eine Mountainbike-Teststrecke wird im Englischen Garten errichtet, und abends soll mit Musik und „Open Air Charakter“ zu den Messeständen gelockt werden.

Open Spaces stehen in der Kritik

Die sogenannten Open Spaces sollen diesmal ganz ohne Zäune und Zugangsbeschränkungen auskommen. 2021 hatte es noch zahlreiche Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gegeben.

Diese „Open Spaces“ sind der Grund, warum die IAA nach München kam, und die Bedingung, dass sie hier stattfindet. Bereits 2021 haben diese für große Aufregung gesorgt. Die Ver­an­stal­te­r*in­nen schrieben zwar von einem gut besuchten Angebot. Vielen Münch­ne­r*in­nen schmeckt es allerdings nicht, dass ihre Innenstadt zur Verkaufsfläche wird.

In Bezirksausschüssen und im Stadtrat regte sich seit der letzten IAA Widerstand. Das mediale Fazit der Veranstaltung fiel eher mau aus. Trotzdem hält die Stadt an der Bereitstellung der Flächen fest. Das sei zwingend notwendig, hatte die Messe GmbH in einem nicht öffentlichen Dokument gedrungen.

Epizentrum der Proteste in München

München wird wegen der „Open Spaces“ aber auch erneut zum Epizentrum der Proteste für eine Mobilitätswende. Die IAA ist bereits seit mehreren Jahren den Kli­ma­ge­rech­tig­keits­ak­ti­vis­t*in­nen ein Dorn im Auge.

Zuletzt hatte sich der IAA-Veranstalter um einen Dialog mit einzelnen Ak­ti­vis­t*in­nen bemüht: Der Letzten Generation, Fridays for Future und Greenpeace wurde jeweils ein Infostand angeboten. Vergeblich. „Der Protest für eine klimagerechte und naturverträgliche Mobilität, bei der das Auto nicht länger im Mittelpunkt steht, kann kein Punkt im Programmheft der IAA sein“, gaben die drei Organisationen bekannt.

Bereits 2021 kam es zu einer Vielzahl von Aktionen. Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen brachten alle nach München führenden Autobahnen durch Abseilaktionen zum Stillstand. Messestände wurden mit Pyrotechnik gestürmt und gestört. Eine kleine Gruppe drang in ein leer stehendes Haus ein, das dem bayerischen Staat gehört, um dieses zum „Open Space for Future“ zu machen. Nach kurzer Zeit räumte die Polizei das Gebäude. Mittlerweile wurden sie wegen Hausfriedensbruchs verurteilt, während das Gebäude weiter leer steht.

Klimacamp in der Innenstadt

Daran wollen die Aktionsbündnisse Sand im Getriebe, No Future for IAA und SmashIAA anknüpfen. Im Luitpoldpark startet gleichzeitig mit der Messe das „System Change Camp“. Hier ist Platz für mehr als Tausend Aktivist*innen. Am Freitag und Samstag wollen sie die Messe blockieren. „Wir werden mit unseren Aktionen die IAA in ihrem Ablauf stören und mit unserem Protest die Privatisierung des öffentlichen Raums kritisieren“, sagt Lou Schmitz, die Pressesprecherin des Bündnis No Future for IAA.

Dialogangebot der IAA: Der Letzten Generation, Fridays for Future und Greenpeace wurde jeweils ein Infostand angeboten

Luise Weil vom Aktionsbündnis Sand im Getriebe meint, eine gerechte und gute Mobilität sei möglich und in Zeiten der Klimakrise absolut notwendig. „Die Konzerne stehen dieser im Weg, sie zerstören mit ihrem Wachstumszwang schon heute die Leben unzähliger Menschen weltweit, und deswegen stellen wir uns ihnen in den Weg“, so Weil.

Zum Abschluss der Proteste wird am kommenden Sonntag um 11 Uhr vom Klimacamp zu den Open Spaces in der Innenstadt demonstriert. Zahlreiche Vereine und zivilgesellschaftliche Ak­teu­r*in­nen mobilisieren nach München. Greenpeace Deutschland, der BUND Naturschutz, die Deutsche Umwelthilfe, die Naturfreunde und der VCD eröffneten die Protestwoche bereits am vergangenen Sonntag.

Etwa 150 Menschen hielten mehrere riesige Buchstaben aus Stoff auf der Maximilianstraße. Die formten das Wort „Autobahn“, wobei „Auto“ durchgestrichen war. Am Montag versenkte Greenpeace Karosserieteile in dem Wasserbereich vor dem Eingang des Münchener Messegeländes. „Extinction Rebellion“ ist derweil mit einer Abseilaktion vor der BMW-Welt in die Aktionswoche gestartet – die war angekündigt.

27 Personen in Präventivgewahrsam

Auch die Letzte Generation hat ihre Aktivitäten rund um die Automesse in München bereits erhöht und die bayerische Landeshauptstadt während der Messe zur „Protesthochburg“ erklärt. Am Montagmorgen blockierten Ak­ti­vis­t*in­nen den Mittleren Ring. Nach einer Farbattacke auf den Landtag und diversen Sitzblockaden auf großen Münchner Straßen sitzen mittlerweile 27 Personen in Präventivgewahrsam. Das könnte auch Ak­ti­vis­t*in­nen der Klimagerechtigkeitsbewegung drohen, die den Ablauf der Messe stören wollen.

Nach Abseilaktionen von Brücken wurden 2021 mehrere Personen in Präventivgewahrsam genommen. Ein Gericht entschied drei Tage später, dass dies nicht rechtmäßig war. Auch dieses Mal dürfte die bayerische Polizei mit rund 4.500 Po­li­zis­t*in­nen und bekannter Härte gegen die Proteste vorgehen.

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