Jasmin Ramadan Einfach gesagt: The Winner Takes It All

Wie sollte eine neue Partei mit Durchschlagkraft wohl heißen? Ein fiktives Gespräch unter Freunden.

Der Moderator Thomas Gottschalk hat die Sängerin Helene Fischer in der RTL-Talkshow «Mensch Gottschalk» am 28.05.2017 in Berlin zu Gast und macht im Anschluss an ihren Auftritt ein Selfie mit ihr.

Wie wäre es mit einer Thomas-Gottschalk-Partei? Oder zieht Helene-Fischer-Partei besser? Foto: Jörg Carstensen/dpa

Sagt mal, wie würdet ihr eine neue Partei mit Durchschlagkraft nennen?“, fragt der Freund vor der Weinbar in die Runde und wischt sich ein Herbstblatt von der Schulter.

„Du meinst die künftige Wagenknecht-Partei?“, fragt der andere Freund.

„Nee, mal so ganz generell.“

„Sicher nicht,Aufstehen!', das klang anstrengend, viele Leute haben ja chronisch Rücken!“, sagt die Freundin und nimmt einen langen Zug aus der Selbstgedrehten.

„Ich meine nicht Wagenknecht!!“

„Aber wer will denn noch ’ne Partei gründen und wie viele neue miese Parteien braucht es, bis die Demokratie völlig ruiniert ist?“

„Falls du Naziwähler mit einfangen willst, bräuchtest du’n Opfernamen, bloß kein Imperativ, dann denken die noch, die müssten selbst für irgendwas Verantwortung übernehmen.“

„Nix, was Trotz erzeugen könnte, sollte einladend sein, so eine Art Silbertablett, auf dem man das Kreuz servieren kann!“

„Helene-Fischer-Partei.“

„Mit oder ohne Helene Fischer?“

„Mit wäre natürlich besser!“

„Für so ’ne Partei ist die Stimmung zu mies.“

„Aber mit der füllst du Stadien.“

„Und das geht ja in die falsche Richtung!“

„Die Thomas-Gottschalk-Partei?“

„Perfekter alter, weißer Konsensmann!“

„Aber ist der nicht mittlerweile auch eher so drauf wie Harald Schmidt?“

„Harald Schmidt hat sich genauso schlecht entwickelt wie Deutschland!“

„Jetzt macht mal das Licht im Schädel an, Politik ist kein Entertainment.“

„Habt ihr Sarah Wagenknecht mal lachen sehen?“

Alice Weidel lacht ganz schön viel in letzter Zeit.“

„Die Partei bräuchte auf jeden Fall ’ne Farbe, die eint.“

„Hautfarben in allen Facetten!“

„Und das Logo in Kombination mit Nivea-Dunkelblau!“

„Oder schillernd Silber, Gold, Platin!“

„Platin, mehr geht nicht!“

„Aber Platinpartei klingt hart nach FDP de luxe!“

„Das braucht jetzt kein Mensch.“

„Und was braucht jetzt jeder Mensch?“

„Jeder Mensch gibt es nicht!“

„Vernünftiger Mensch?“

„Gibt’s zu wenige von, und die sind selten laut und radikal genug im Auftritt.“

„Was ist mit Bronze, wie so ein Cent oder Pfennig!“

„Die Pfennig-Partei klingt schön.“

„Wer den Pfennig nicht ehrt!“

„Niemand ehrt mehr den Pfennig.“

„Ich wäre eher für so was wie Glitter mit Verstand.“

„Ich hab’s: Holz, darauf können sich alle einigen, Natur und so.“

„Zu braun!“

„Oder zu monothematisch Klima-Partei.“

„Wie wäre: die Universum-Partei? Gerade jetzt muss man im großen Ganzen denken!“

„Na, das schießt aber übers Ziel hinaus.“

„Man kann derzeit nicht hoch genug greifen, um das Gute zu expandieren!“

„Wieso nicht die „Das Schwarze Loch“-Partei?!“

„Ja, so könnte man die Selbstmitleidigen und Opferfühligen kriegen!“

„Einfach alle, die sich verloren fühlen!“

„Aber sehnen die sich danach zu verschwinden?“

„Das wär’ jetzt Psychologie.“

„Die Psycho-Partei!“

„Hat was, wähl’ ich sofort!“

„Ja, du, aber sonst keiner.“

„Es müsste was sein, das alle Menschen eint!“

„Liebe!“

„Ach komm!“

„Die Luft zum Atmen.“

„Die O2-Partei!“

„Da hätte man schon mal’n fetten Sponsor.“

„Die Luftballonpartei!“

„Das zieht, bei Luftballons denk ich an Gewinnerparty!“

„Menschen wollen auf der Gewinnerseite sein, deshalb gibt es so viele Bayern-Fans, sogar in Hamburg!“

„Dann gleich die 100%-Partei!“

„Aber das klingt ja nu echt nach Diktatur!“

„Tjaja.“

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Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman Roman „Auf Wiedersehen“ ist im April 2023 im Weissbooks Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.

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