Jenseits der auserzählten Männerfigur: Deutsches „Succession“

In „Haus aus Glas“ arbeiten sich vier erwachsene Kinder an ihrem Vater ab – und er sich an ihnen. Dem alten Thema gewinnt die Serie neue Seiten ab.

Ein mann steht in einer fabrikhalle und trägt einen Schutzhelm

Richard (Götz Schubert) blickt stolz, aber auch nachdenklich auf sein Lebenswerk – die Geißerei Foto: Michel Verto/Constantin Film/WDR

Richard Schwarz ist ein Familienoberhaupt alter Schule. Die Nachfolge der Familiengießerei wird dem Schwiegersohn eher zugetraut als der Tochter, die Selbstverwirklichung seiner Frau interessiert ihn nicht und seine Kinder hält er, der sich hocharbeiten musste, für wohlstandsverwahrlost.

So weit, so bekannt der alte Topos des strengen, aber verantwortungsvollen Patriarchen, der Solidarität für seine Fürsorge einfordert. Die ARD/Arte-Produktion „Haus aus Glas“ entwirft diese eigentlich auserzählte Männerfigur neu.

In der sechsteiligen Serie (Regie: Alain Gsponder, Drehbuch: Esther Bernstorff) arbeiten sich vier Geschwister an dem Vater – herausragend: Götz Schubert – ab: Die älteste Tochter Eva (Stefanie Reinsperger), durch Leistung bemüht, seine Gunst zu gewinnen, das klassische Sandwichkind Leo (Morgane Ferru), der rebellierende Sorgensohn Felix (Marlin Rose)und das harmoniesüchtige Nesthäkchen Emily (Sarah Mahita).

Ein bisschen „Succession“ also – in „Haus aus Glas“ aber entwickelt sich das, was anfangs bekannt wirkt, zu einem unvorhersehbaren Netz aus gegenseitigen Abhängigkeiten.

in den Mediatheken von ARD und Arte

Intelligente Darstellung

Besonders stark wird die Serie dann, wenn der Vater sich an seinen Kindern (und nicht umgekehrt) abarbeitet („Hat man euch allen ins Hirn geschissen? Das ist ein Unternehmen und kein Selbstbedienungsladen“).

Und so erzählt „Haus aus Glas“ auch das Ende eines Vatertopos: „Wisst ihr, was ich alles für diese Firma getan habe?“, fragt Richard und nein, es weiß niemand.

Das Familienoberhaupt, das sein Leben in den Dienst des Unternehmens stellt und dafür Dankbarkeit und Respekt erfährt, ist tot. Zurück bleibt ein Mann, dessen Familie sich von ihm emanzipiert, der am Ende allein in seinem hart erarbeiteten Auto sitzt. Eine ausgesprochen intelligente Darstellung alter Familienverhältnisse mit neuem Ausgang.

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