Kampagne für offene Mobilsysteme: „Volle Kontrolle übers Smartphone“

Käufer sollten die Software von Smartphones komplett kontrollieren können, findet Torsten Grote. Der Sprecher der „Free-Android“-Kampagne über Befreiung.

Freundlich und einladend, aber schwer ergründbar: Android. Bild: dapd

taz.de: Herr Grote, worum geht es der Free Software Foundation Europe bei Ihrer Kampagne für ein freies Android? Landläufig wird ja stets angenommen, dass Android an sich schon "freier" sei als komplett geschlossene Systeme wie Apples iPhone-Betriebssystem iOS.

Torsten Grote: Ein Telefon mit Android bietet den Nutzern zwar schon viel mehr Freiheit als beispielsweise ein iPhone, aber ein bisschen Freiheit ist noch nicht ausreichend. Unser Ziel ist es, dass Menschen die volle Kontrolle auch über ihre kleinen mobilen Computer erhalten. Wir wollen, dass Ihnen ihr Telefon wirklich gehört, nachdem sie es gekauft haben und dass ihre Technik nicht von Anderen fremdbestimmt wird. Dazu gehört auch, dass keine privaten Daten ungefragt an Dritte verschickt werden. Möglich wird dies durch Freie Software, die sich dadurch auszeichnet, dass sie jeder verwenden, verstehen, verbreiten und verbessern darf.

Welche Teile von Android sind frei und welche nicht?

Das Grundsystem Android ist vollkommen frei, aber die meisten der vorinstallierten Anwendungen wie die von Google für Email, Navigation und die Erweiterungen der Hersteller sind es nicht. Auch die allermeisten Apps aus dem Marktplatz sind unfrei. Selbst wenn man dort mal eine App findet, die Freie Software ist, wird man darüber vom Markt nicht informiert. Weniger sichtbar für die Nutzer sind die Treiber, die benötigt werden, um die Hardware anzusteuern. Diese sind meistens nicht frei, was zum Beispiel Fehlerbeseitigungen und Softwareaktualisierungen verhindern kann.

Wie sähe ein freies Android aus?

ist stellvertretender Deutschlandkoordinator der Free Software Foundation Europe (FSFE), die sich der Förderung freier Software und der Arbeit für Freiheit in einer sich entwickelnden digitalen Gesellschaft widmet. Er koordiniert die „Free Android“-Kampagne.

Im Prinzip sieht es rein optisch ganz ähnlich aus, wie das, was man kauft. Es hat allerdings mehr Einstellungsmöglichkeiten, mehr Datenschutz und regelmäßige Updates. Außerdem kommt es ohne Werbung aus. Man kann alle vorinstallierten Programme tatsächlich entfernen und wird nicht ständig aufgefordert, das Telefon mit einem Google-Account zu verbinden.

Vom PC her sind Nutzer gewohnt, sich jederzeit eigene Programme zu installieren, zentrale Softwareläden, die nur von einem Hersteller kontrolliert werden, haben sich noch nicht durchgesetzt. Wie kam es im Smartphone-Bereich dazu, dass einzelne Anbieter zu so viel Macht kamen?

Diejenigen, die die Software ausliefern, entscheiden, welche Softwareläden vorinstalliert sind und wie eng ihre Verzahnung mit dem System ist. Auf iPhones ist der App Store die einzige vorgesehene Möglichkeit Apps zu installieren. Dies beschert Apple sehr viel Gewinn und sehr viel Macht, die auch regelmäßig ausgenutzt wird.

Ist es auch ohne Spezialkenntnisse möglich, sich selbst ein freies Android zu basteln?

Der erste und ganz einfache Schritt ist die Installation eines alternativen Marktplatzes, der nur Freie Software anbietet. Dies behebt noch nicht das Problem der unfreien Gerätetreiber und der Google-Anwendungen, ist aber schon mal ein wichtiger Schritt. Mit ein wenig technischem Sachverstand kann man andere Android-Versionen installieren, die weniger oder gar keine unfreie Software beinhalten. Aber Vorsicht: Die Hersteller einiger Geräte haben absichtlich eine Sperre eingebaut hat, um dies zu verhindern. Auf unserer Seite FreeYourAndroid.org haben wir Informationen dazu gesammelt, wie man sein eigenes Telefon befreien kann. Außerdem arbeiten wir daran, dass der Umstieg auf eine freie Android-Version so einfach wie möglich wird.

Firmen wie Apple argumentieren ja, dass es Kontrolle bräuchte, um Datenschädlinge zu verhindern. Tatsächlich gilt Android unter Sicherheitsexperten als gefährdeter, weil Google nicht jede einzelne App durchsieht.

Kontrollen für Sicherheit sind natürlich sinnvoll. Die Frage ist, wer kontrolliert und wer hat die Macht, Anwendungen zu verbannen. Bei Freier Software fällt erst einmal das Problem von möglicher Zensur weg. Denn jeder kann ungefragt einen Stand auf einem freien Marktplatz wie F-Droid errichten und selbst Apps anbieten. Da aber der Quellcode aller Anwendungen öffentlich ist, wird noch viel mehr Kontrolle ermöglicht. Nicht nur ein paar Mitarbeiter eines Unternehmens können die Apps äußerlich auf Schadfunktionen hin untersuchen, sondern alle, die dies wollen, können eingehend auf Herz und Nieren prüfen.

Hat ein geschlossenes Mobilfunk-Betriebssystem negative Auswirkungen auf den Datenschutz und die Privatsphäre des Nutzers? Lässt sich kontrollieren, was der Hersteller tut?

Man kann zwar versuchen, den Datenverkehr zwischen Telefon und Internet zu überwachen, doch schon bei verschlüsselten Verbindungen kann man nicht mehr sehen, welche Daten das Telefon eigentlich überträgt. Volle Transparenz schafft hier nur Freie Software, da sie es erlaubt, den Bauplan der Software vollständig zu studieren. So wird sichtbar, welche Daten wie verarbeitet und übertragen werden.

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