Koalitionsvertrag für Berlin: Ein bisschen Lärm muss sein

CDU und SPD wollen die Clubkultur schützen. Dafür sollen künftig mehr Open-Air-Events und „störende Veranstaltungen“ erlaubt sein.

Eine Gruppe Menschen steht in der Schlange vor dem Club about blank.

Könnte der linke Club about blank ausgerechnet unter der CDU eine langfristige Perspektive erhalten? Foto: Emmanuele Contini

BERLIN taz | Die Clubkultur ist eines der Aushängeschilder der Hauptstadt – und längst ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Trotzdem gehören die Pläne der designierten schwarz-roten Landesregierung zu den Berliner Clubs zu den eher weniger beachteten Passagen des Koalitionsvertrags. Dabei haben CDU und SPD ganz konkrete Pläne.

So soll es Clubs und Kulturstätten künftig erlaubt sein, fünf Mal im Jahr Open-Air-Events durchzuführen. Stattfinden dürfen diese „störenden Veranstaltungen“ allerdings nur bis Mitternacht und auch nur an Tagen, an denen es traditionell ohnehin lauter zugeht: Konkret genannt werden der 1. Mai, der 21. Juni (Fête de la Musique) und der 3. Oktober (Einheitsfeierlichkeiten). Zusätzlich soll ein „Konzept für free open air spaces“ erarbeitet und bis zum Sommer 2024 umgesetzt werden.

Um Clubs vor Verdrängung zu schützen und die Clubkultur nicht an lärmsensiblen Nach­ba­r*in­nen zugrunde gehen zu lassen, will Berlin zudem eine Bundesratsinitiative starten, „um „Kulturlärm“ emissionsrechtlich zu privilegieren“.

Für Überraschung sorgt vor allem die Ankündigung, dass Clubs, die sich auf landes- und bezirkseigenen Flächen befinden, langfristige Miet- oder Erbbaurechtsverträge erhalten sollen. Dieses Vorhaben würde neben dem Yaam auch das about blank in Friedrichshain betreffen. Das hangelt sich wegen des geplanten A100-Ausbaus seit Jahren von einem befristeten Mietvertrag zum nächsten.

Alles nur hohle Worte?

Könnte der linke Club nun also ausgerechnet unter einem CDU-Bürgermeister eine langfristige Perspektive erhalten? Im about-blank-Kollektiv sieht man in dem ironisch als „Lex Blank“ bezeichneten Passus vor allem eins: Symbolpolitik, mit dem die SPD-Mitgliederbasis, die dem Koalitionsvertrag noch zustimmen muss, milde gestimmt werden soll.

Eli, about blank-Kollektiv

„FranzisKai stehen trotzdem nicht auf unserer Gästeliste“

Gegen eine Entfristung hätten sie aber trotzdem nichts: „Unser hundertjähriges Jubiläum am S-Bahnhof Ostkreuz feiern wir dann gerne auch mit dem legalen Segen des Bezirks“, sagt Eli vom Clubkollektiv zur taz. „FranzisKai stehen bei dieser Party aber natürlich trotzdem nicht auf unserer Gästeliste“, ergänzt sie mit Blick auf die beiden Landesvorsitzenden Franziska Giffey (SPD) und Kai Wegener (CDU).

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, dem das Gelände gehört, kann diesen Wunsch jedoch nicht erfüllen. „Wir würden dem about blank gerne eine langfristige Perspektive geben, das geht aber nur, wenn die Autobahnpläne vom Tisch sind“, sagt Bezirksbürgermeisterin und erklärte A100-Gegnerin Clara Herrmann (Grüne) zur taz. Sie sieht in der Ankündigung daher lediglich „hohle Worte, solange man sich nicht gegen die A100 ausspricht“.

Das Thema Stadtautobahn, deren Weiterbau nicht nur das about blank, sondern auch die Wilde Renate, Else, Oxi, Void und den Club Ost bedroht, wurde im Koalitionsvertrag jedoch weitgehend ausgespart. Tobias Trommer vom Bündnis A100 stoppen stimmt das „verhalten positiv“. „Mit der Autopartei CDU als stärkster Kraft hatte ich Schlimmeres befürchtet“, sagt er.

Die Clubkommission ist zufrieden

Auch die Clubcommission hätte sich ein eindeutiges Aus für die A100 gewünscht. Die Pläne von CDU und SPD für die Berliner Clubs wertet sie jedoch als positiv: „Es ist nicht selbstverständlich, dass Clubs überhaupt in einem Koalitionsvertrag auftauchen“, sagt Sprecher Lutz Leichsenring. Die vertragliche Rückendeckung für die Clubkultur schreibt die Clubcommission dabei weniger der SPD als vielmehr den Konservativen zu. „Die CDU hat keine Berührungsängste mit den Clubs, das merkt man dem Vertrag auch an“, sagt er.

Dem about blank, dessen Mietvertrag aktuell bis 2025 läuft, reicht das noch lange nicht: Hier wünscht man sich wieder „mehr Freiräume, Brachen und Nischen“, aber vor allem „ein beständiges Scheitern von Investorenträumen von einer sauberen und verwerteten Stadt“.

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