Kolumne Heimatkunde Seenplatte: Schelte von oben und von unten

Wenn obere staatliche Behörden an unteren staatlichen Behörden herumkritisieren, gibt es schnell beleidigtes zurückschimpfen.

Da hat sich Lorenz Caffier aber etwas geleistet. Zur Umsetzung der Kreisgebietsreform, so behauptete er kürzlich, herrsche vor Ort bei den Kreisverwaltungen noch mangelnde Bereitschaft, das große Werk werde ausgebremst von Mitarbeitern, die zur Arbeit nicht fahren wollten. Sozusagen Obstruktion, wohin man schaut, selbst auf den Leitungsebenen der Landratsämter walten eher Insurgenten als begeisterte Verfechter eines neuen Großkreisdenkens!

Nun ist Lorenz Caffier, das muss man wissen, Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Chef der oberen staatlichen Behörde also. Und wenn die obere staatliche Behörde solche Meinungen äußert, dann bricht bei der unteren staatlichen Behörde, den Landkreisen, nicht unbedingt Freude aus. Deren Verbände und Vertreter reagierten auch prompt und so scharf, als ob die Regierung sie des Hochverrats bezichtigte.

Siegfried Konieczny zum Beispiel konterte mit Vorwürfen von Schlamperei in Richtung Schwerin, das nur vom eigenen Versagen ablenken wolle, von fehlenden Gesetzen etwa, ohne die die Kreise bei der Umsetzung der Reform allein gelassen sind.

Konieczny ist stellvertretender Landrat der Mecklenburgischen Seenplatte und außerdem in der Linkspartei. Lorenz Caffier ist in der CDU. Beide Parteien sind bekanntlich nicht gerade ein Herz und eine Seele, was allein schon reichen könnte, um heftige Gewitter zwischen Staat oben und unten, zwischen Regierung und kommunaler Selbstverwaltung auszulösen.

Siegfried Konieczny hat aber in der Kreisverwaltung die zentralen Ämter in seinem Verantwortungsbereich und ist damit stark an der Umsetzung der Reform im größten Flächenkreis Deutschlands beteiligt. Da lässt sich jemand selbst dann nicht gerne Untätigkeit vorwerfen, wenn er womöglich gar nicht gemeint war.

Denn getan hat sich schon etwas, noch dazu etwas, was bei der Linkspartei nicht gerade zum Standardrepertoire gehört. 40 Stellen wurden nach Angaben der Kreisverwaltung bereits abgebaut, weitere 50 sind gegenwärtig nicht besetzt und werden es zum Teil auch nicht mehr. In den einzelnen Ämtern gehören Umzugskartons zum Alltag. Viele Beschäftigte fahren schon ihren Ämtern hinterher oder werden es in naher Zukunft müssen. Ob sie nun wollen oder nicht, wie vom Innenminister behauptet, spielt da keine Rolle.

Von einer „Unverschämtheit ersten Grades“ sprach denn auch Peter Ritter nach der Schelte des Innenministers. Caffier habe offenbar keinen blassen Schimmer, was in den Kreisverwaltungen los sei. Peter Ritter ist Landtagsabgeordneter, außerdem Kreistagsmitglied in der Mecklenburgischen Seenplatte und Mitglied der Linkspartei.

Ritter ist kein Busenfreund von Lorenz Caffier. Der übrigens selbst im Großkreis Mecklenburgische Seenplatte lebt und jetzt eine Langzeit-Umfrage unter Kommunalpolitikern zu den Auswirkungen der Kreisgebietsreform starten will. Vielleicht kommt er dazu ja mal persönlich in den Kreistag. Weit hätte er's schließlich nicht, von Neustrelitz, wo er wohnt, nach Neubrandenburg.

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