Kommentar Ausschuss zu G20-Krawallen: Wie die Kleinkinder

Als sich Hamburgs Innenausschuss mit den G20-Ereignissen beschäftigte, zeigte sich vor allem eine Weigerung, Realität zu akzeptieren.

Reden statt Klären: Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD, l.) und Polizeidirektor Hartmut Dudde während der Ausschusssitzung am Mittwoch Foto: dpa

Eine skurrile Szene bot sich am Mittwoch in der Sondersitzung des Innenausschusses zu den G20-Ereignissen. Statt Erkenntnisse vorzulegen, die der Aufarbeitung des missglückten Polizeieinsatzes, der ausgeuferten Krawalle und der Polizeigewalt dienen, waren sich die Verantwortlichen einig: Der Einsatz sei ein voller Erfolg gewesen, Polizeigewalt habe es nicht gegeben.

Indem Innensenator Andy Grote (SPD) den Begriff „Polizeigewalt“ als „diffamierend“ zurückwies und der „Polizeiführer“, wie sich Hartmut Dudde selbst nennt, die Zahl verletzter Polizist*innen nach oben korrigierte, machten die Verantwortlichen auch deutlich, was die parlamentarische Aufarbeitung ergeben soll: nichts.

Es geht nicht darum zu klären, was schief gelaufen ist, sondern darum, die von Scholz bereits vergangene Woche diktierte Interpretation der Ereignisse, wonach es keine Polizeigewalt gegeben habe, weiter zu untermauern. Egal, was Augenzeug*innen gesagt, egal, was parlamentarische Beobachter*innen beobachtet, und egal, was zahlreiche Journalist*innen dokumentiert haben.

Erwachsene Menschen, dreiste Lügen

Man muss sich das mal klarmachen: Da stellen sich erwachsene Menschen in verantwortungsvollen Positionen öffentlich hin und behaupten Dinge, von denen jeder weiß, dass sie dreiste Lügen sind. Es gibt es zahlreiche Videos, die dokumentieren, wie Polizist*innen am Rande der Proteste auf Santitäter*innen, Journalist*innen, Demonstrant*innen und Schaulustige einprügeln.

Wenn Scholz und Co. nicht dem Internet oder der Vernunft abgeschworen haben, kann das unmöglich an ihnen vorbeigegangen sein. So zu tun, als sei die Realität eine andere, gleicht dem Verhalten eines Kleinkindes, das die Augen zukneift, sich die Ohren zuhält und schreit: „Es war aber nicht so!“

Vielleicht ist die Aufregung über dreiste Lügen naiv. Vielleicht ist die Lektion: So funktioniert halt Politik. Aber es ist so schwer aushaltbar, wenn etwas in einem doch noch auf den gesunden Menschenverstand hofft.

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Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.

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