Kommentar Gelbwesten-Proteste in Paris: Kein Grund zum Danken

Die Gewalt ist in Frankreich nicht so sehr eskaliert wie befürchtet. Das aber ist weder beruhigend noch ein Sieg der Staatsgewalt.

Demonstranten in Tränengas-Schwaden

Suchbild ohne Macron: Frankreich irrlichtert zwischen Rauch und Tränengas umher Foto: ap

Die Staatsmacht hat mit dem Säbel gerasselt. Im Fernsehen zeigten sich Sicherheitsexperten und Journalisten beeindruckt von der Leistungsschau der französischen Ordnungspolizei, die ihr ganzes Arsenal auffahren und das Maximum an Uniformierten aufbieten musste. Via Twitter dankte Präsident Emmanuel Macron der Polizei für „ihren Mut und ihr professionelles Können“.

Es ist – für ihn – noch mal gut gegangen, er wurde ja von diesen Horden in gelben Warnwesten, die erneut die Straßen der Hauptstadt verunsichert haben, nicht gestürzt, wie dies sein Innenminister befürchtet hatte, der am Vortag wegen der Demonstration von einem „Putsch“ sprach.

Den Ordnungseinsatz mit mehr als hundert Verletzten und über tausend Festgenommenen – oder meist sogar präventiv Eingesperrten – als Sieg der Staatsmacht zu feiern, wäre indes eine krasse Fehleinschätzung.

Die Vorgabe lautete ja nicht, zu zeigen, dass die „professionelle“ Staatsgewalt in mehrstündigen Straßenkämpfen in Paris und dieses Mal auch in anderen Städten am Ende stärker ist als ein paar hundert Randalierer und ein paar tausend in Rage geratene BürgerInnen in gelben Westen. Selbstverständlich lehnt eine klare Mehrheit im Land – und auch unter den „Gilets jaunes“ – jede mutwillige Gewalt gegen die Ordnungskräfte und die Sachbeschädigungen an Symbolen der Finanz- und der Konsumgesellschaft ab.

Panzerfahrzeuge und berittene Polizisten

Die Bevölkerung erwartet von der Staatsführung, dass es nicht wieder zu chaotischen Zuständen und solchen bürgerkriegsähnlichen Szenen kommt. Stattdessen sah man beängstigende Bilder von brennenden Autos auf von Trümmern übersäten Straßen und auf von Tränengas vernebelten Plätzen, auf denen Panzerfahrzeuge und berittene Polizisten gegen Demonstranten vorgingen.

Das allein ist eine schwere Niederlage – und das Eingeständnis der Unfähigkeit, einen Konflikt mit anderen Mitteln als diesen zu lösen. Denn die Gewalt auf der Straße ist bloß eines der Symptome, alle Ursachen der schweren Krise bleiben. Dafür darf Macron niemandem danken.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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