Kommentar Kameraüberwachung: Reeperbahn frei für Kameras
Die Leipziger Richter haben gut entschieden. Denn ob und mit wievielen Kameras der Straßenraum überwacht werden soll, ist Sache der Poltitk, nicht der Justiz.
Die Videoüberwachung der Reeperbahn war rechtmäßig. Das hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht festgestellt. Ob und mit wievielen Kameras der Straßenraum überwacht werden soll, muss also die Politik entscheiden. Und dort gehört die Entscheidung auch hin.
Dabei war die Klage einer 36jährigen Hamburgerin in den unteren Instanzen bereits durchaus erfolgreich. Sie hat erreicht, dass die schwenkbare Überwachungskamera nicht mehr in ihre Wohnung im 2. Stock blickt und dass auch der Hauseingang nicht kontrolliert wird. Die Polizei hat daraufhin bereits die Nutzung der teuren Kameras eingestellt. Insofern wurde am Bundesverwaltungsgericht nun nur noch ums Prinzip gestritten. Und hier konnte die Klägerin die Überwachung im öffentlichen Straßenraum nicht verhindern.
Dabei ging es zuletzt vor allem um die recht abstrakte Frage, ob die Videoüberwachung auf ein Landesgesetz (zur Gefahrenabwehr) gestützt werden durfte oder ob hier ein Bundesgesetz (zur Strafverfolgung) erforderlich war. Die Leipziger Richter haben zurecht ein Landesgesetz akzeptiert. Denn bei der Videoüberwachung spielt der Abschreckungsgedanke und damit die Prävention immer eine große Rolle.
Wer Videoüberwachung als Mittel der Strafverfolgung propagiert, würde damit eine neue Form der Vorratsdatenspeicherung konzipieren: Alle würden erst mal aufgenommen, in der Hoffnung, dass man dabei auch die eine oder andere Straftat dokumentiert. Das Leipziger Urteil sieht darin aber zurecht nicht den Hauptzweck der Maßnahme – und öffnet damit auch nicht die Tür zu weiteren Vorratsspeicherungen.
Nun kann man sagen, dass die Videoüberwachung auch bei der Prävention nicht funktioniert, weil Besoffene sich durch eine Kamera nicht abschrecken lassen und Nüchterne ihre Straftaten eben anderswo begehen. Manche Studien belegen solche Effekte. Doch letztlich sollten in der Demokratie die gewählten Volksvertreter darüber entscheiden, wie sie Straftaten verhüten wollen und nicht Richter oder Wissenschaftler. Auch das Bundesverfassungsgericht hat bei der Feststellung ob eine Ermittlungsmethode geeignet ist, den Parlamenten immer großen Beurteilungsspielraum eingeräumt.
Auch ein unverhältnismäßiger Eingriff in Grundrechte einzelner muss nicht zwingend angenommen werden. Zwar fühlen sich viele unwohl, wenn sie durch Kameras beobachtet werden. Zugleich fühlen sich andere gerade sicherer, wenn Kameras aufgestellt werden. Solche atmosphärischen Grundrechtsfragen mit widerstrebenden Interessen sollten ebenfalls der Politik überlassen werden.
Kommentar Kameraüberwachung: Reeperbahn frei für Kameras
Die Leipziger Richter haben gut entschieden. Denn ob und mit wievielen Kameras der Straßenraum überwacht werden soll, ist Sache der Poltitk, nicht der Justiz.
Die Videoüberwachung der Reeperbahn war rechtmäßig. Das hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht festgestellt. Ob und mit wievielen Kameras der Straßenraum überwacht werden soll, muss also die Politik entscheiden. Und dort gehört die Entscheidung auch hin.
Dabei war die Klage einer 36jährigen Hamburgerin in den unteren Instanzen bereits durchaus erfolgreich. Sie hat erreicht, dass die schwenkbare Überwachungskamera nicht mehr in ihre Wohnung im 2. Stock blickt und dass auch der Hauseingang nicht kontrolliert wird. Die Polizei hat daraufhin bereits die Nutzung der teuren Kameras eingestellt. Insofern wurde am Bundesverwaltungsgericht nun nur noch ums Prinzip gestritten. Und hier konnte die Klägerin die Überwachung im öffentlichen Straßenraum nicht verhindern.
Dabei ging es zuletzt vor allem um die recht abstrakte Frage, ob die Videoüberwachung auf ein Landesgesetz (zur Gefahrenabwehr) gestützt werden durfte oder ob hier ein Bundesgesetz (zur Strafverfolgung) erforderlich war. Die Leipziger Richter haben zurecht ein Landesgesetz akzeptiert. Denn bei der Videoüberwachung spielt der Abschreckungsgedanke und damit die Prävention immer eine große Rolle.
Wer Videoüberwachung als Mittel der Strafverfolgung propagiert, würde damit eine neue Form der Vorratsdatenspeicherung konzipieren: Alle würden erst mal aufgenommen, in der Hoffnung, dass man dabei auch die eine oder andere Straftat dokumentiert. Das Leipziger Urteil sieht darin aber zurecht nicht den Hauptzweck der Maßnahme – und öffnet damit auch nicht die Tür zu weiteren Vorratsspeicherungen.
Nun kann man sagen, dass die Videoüberwachung auch bei der Prävention nicht funktioniert, weil Besoffene sich durch eine Kamera nicht abschrecken lassen und Nüchterne ihre Straftaten eben anderswo begehen. Manche Studien belegen solche Effekte. Doch letztlich sollten in der Demokratie die gewählten Volksvertreter darüber entscheiden, wie sie Straftaten verhüten wollen und nicht Richter oder Wissenschaftler. Auch das Bundesverfassungsgericht hat bei der Feststellung ob eine Ermittlungsmethode geeignet ist, den Parlamenten immer großen Beurteilungsspielraum eingeräumt.
Auch ein unverhältnismäßiger Eingriff in Grundrechte einzelner muss nicht zwingend angenommen werden. Zwar fühlen sich viele unwohl, wenn sie durch Kameras beobachtet werden. Zugleich fühlen sich andere gerade sicherer, wenn Kameras aufgestellt werden. Solche atmosphärischen Grundrechtsfragen mit widerstrebenden Interessen sollten ebenfalls der Politik überlassen werden.
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Kommentar von
Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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