Kritik an CDU-Fraktionschef Stettner: „Populistisches Momentum“

CDU-Fraktionschef Stettner fordert wegen „importiertem Antisemitismus“ die Beschäftigung von Flüchtlingen. Von SPD und Grünen kommt Kritik.

CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hinter dem Rednerpult im Abgeordnetenhaus

Stettner polarisiert gerne, auch beim Thema Integrationspolitik Foto: dpa

BERLIN taz | Der Deutschen Straßen und Parks putzen, um als Flüchtling hier leben zu dürfen – so könnte man verstehen, was Dirk Stettner, Chef der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, jetzt im Tagesspiegel forderte. Stettner sprach von „importiertem Antisemitismus“ unter arabischstämmigen Flüchtlingen, dem durch bessere Integration entgegengewirkt werden solle – zum Beispiel in Form gemeinnütziger Arbeit. Flüchtlinge könnten, so seine Idee, doch bei der Pflege von Parks oder der Säuberung von Straßen helfen. So erhielte ihr Alltag eine feste Struktur, und die „gesellschaftliche Akzeptanz“ für Flüchtlinge würde erhöht, glaubt Stettner.

Die Forderungen sind im Grunde altbekannt. Schon 2017 wollte man Flüchtlinge als billige Aushilfskräfte über den Weg von 1-Euro-Jobs auf dem Arbeitsmarkt „integrieren“. Eigentlich als Maßnahme für Langzeitarbeitslose gedacht, sollten auch Asyl­be­wer­be­r*in­nen die Möglichkeit erhalten, für 80 Cent pro Stunde im Handwerk, in der Datenverarbeitung oder auch in der Grünpflege zu arbeiten. Diese Maßnahme war Teil der „Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“, eines Programms der damaligen Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Die Nachfrage blieb gering.

Ohnehin wäre bei Stettners Vorschlag zu klären, wie mit bürokratischen Hürden umzugehen sei. Auch sind Berlins Straßen und Parks zwar häufig nicht perfekt, aber keineswegs so pflegelos, wie der CDU-Fraktionschef suggeriert. Zudem müssten die betroffenen Flüchtlinge eingelernt und die Arbeit beaufsichtigt werden, dafür bräuchte es wiederum ausgebildete Ansprechpersonen.

„Verantwortungslose“ Parolen

„Die beste Integration ist die Arbeitsmarktintegration“, sagt Orkan Özdemir, Sprecher der SPD-Fraktion für Integration, zur taz. Er habe die Erfahrung gemacht, dass Flüchtlinge arbeiten wollen, ihnen das politisch aber häufig erschwert werden würde. Zwischen drei und neun Monate nach Einreise ist es für Asyl­be­wer­be­r*in­nen theoretisch möglich, eine Arbeitsstelle anzunehmen. „Der eigentliche Skandal ist doch, dass manche Flüchtlinge sogar erst nach zwei Jahren arbeiten dürfen“, so Özdemir. Die Aussage von Stettner hält er für ein „populistisches Momentum“, das durch „echte Diskussionen“ ersetzt werden sollte.

Ähnlich sieht es Jian Omar, der Fachsprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus. Der CDU-Fraktionsvorsitzende vermenge Themen aus ideologischen Gründen. Seit Langem befände sich die Union auf einem Antimigrationskurs, auf dem die Partei jede Möglichkeit zur Stimmungsmache nutzen würde. Zwar erwähnt Stettner auch die lange Geschichte des Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft. Aber die Rede von „importiertem Antisemitismus“ hält Grünen-Politiker Omar für „verantwortungslos“ und „geschichtsvergessen“. Stattdessen müsse für „Verständigung und Zusammenleben auf dem Boden unserer Werte“ eingetreten werden.

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