Kritik an Ermittlungen gegen netzpolitik.org: Raus mit Range

Eine Fehlbesetzung? So betrachten einige Politiker mittlerweile Generalbundesanwalt Harald Range. Auch Heiko Maas distanziert sich.

Harald Range

Hat sich nicht gerade beliebter gemacht: Harald Range. Foto: dpa

BERLIN dpa/afp | Die Empörung über Generalbundesanwalt Harald Range angesichts der Ermittlungen wegen Landesverrats gegen kritische Journalisten dauert an. Linken-Chef Bernd Riexinger und FDP-Vize Wolfgang Kubicki kritisierten Ranges Vorgehen scharf und forderten seinen Rücktritt. Auch aus anderen Parteien hagelt es weiter Kritik. Unterstützer des betroffenen Blogs Netzpolitik.org wollen am Samstag in Berlin demonstrieren.

Am Donnerstagabend war bekanntgeworden, dass die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Journalisten von Netzpolitik.org eingeleitet hat. Der Generalbundesanwalt sah bei Gründer Markus Beckedahl und Autor André Meister einen Verdacht auf Landesverrat, weil sie Informationen des Bundesamts für Verfassungsschutz veröffentlicht hatten.

Netzpolitik.org hatte in zwei Artikeln Pläne der Behörde zum Ausbau der Internet-Überwachung beschrieben und dazu Auszüge von vertraulichen Dokumenten ins Netz gestellt. Daraufhin hatte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen Anfang Juli Anzeige gegen Unbekannt erstattet.

„Wie kommt man eigentlich auf die Idee, gegen ein paar Journalisten zu ermitteln, aber nichts dagegen zu unternehmen, dass Millionen Menschen ausspioniert werden?“, sagte Riexinger dem Handelsblatt. „Ich denke es ist an der Zeit, dass Generalbundesanwalt Harald Range seinen Hut nimmt, bevor noch mehr passiert oder besser gesagt unterlassen wird.“

Kubicki sagte der Welt am Sonntag: „Wenn der Generalbundesanwalt die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zur Pressefreiheit und zur Aufgabe von Journalisten nicht beachtet, dann ist er in seinem Amt eine Fehlbesetzung.“ Der Fall müsse „selbstverständlich“ Konsequenzen haben. Er wundere sich, dass Range ein solches Verfahren „überhaupt eröffnet“ habe, sagte Kubicki.

„Maximale Klatsche“ für Range

Auch Justizminister Heiko Maas (SPD) distanzierte sich von den Vorgängen: „Ich habe heute dem Generalbundesanwalt mitgeteilt, dass ich Zweifel daran habe, ob die Journalisten mit ihrer Veröffentlichung die Absicht verfolgt haben, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen“, sagte der Minister am Freitag. Er habe auch Zweifel, „ob es sich bei den veröffentlichten Dokumenten um ein Staatsgeheimnis handelt, dessen Veröffentlichung die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt“.

Die Äußerungen von Maas bezeichnete Kubicki als „maximale Klatsche“ für Range. Auch SPD-Innenexperte Burkhard Lischka kritisierte desse Vorgehen. „Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, sagte er der Mitteldeutschen Zeitung. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ermittlungen weiter geführt werden.“

Nach Einschätzung Riexingers ist es „kaum zu glauben“, dass die Ermittlungen gegen die Journalisten nicht mit den politisch Verantwortlichen abgesprochen worden seien. Deswegen bestehe auch dort noch umfassender Klärungsbedarf. „Das Kanzleramt ist für die Geheimdienste verantwortlich, es wäre an der Zeit, dass sich endlich die Kanzlerin zu den Skandalen erklärt“, sagte der Linke-Parteichef.

Und was ist mit der NSA-Affäre?

In der NSA-Affäre hatte die Bundesanwaltschaft nach langen Prüfungen ein – inzwischen eingestelltes – Ermittlungsverfahren wegen der Ausforschung des Handys von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeleitet. Wegen des massenhaften Ausspähens von Bundesbürgern durch den US-Geheimdienst NSA wurde Ranges Behörde nicht in dieser Weise tätig – obwohl ihr Tausende von Anzeigen vorlagen. Auch nachdem bekannt wurde, dass der BND der NSA über Jahre geholfen haben soll, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen, leitete sie bisher kein Ermittlungsverfahren ein.

Im Fall von Netzpolitik.org machte Range am Freitag deutlich, dass er die Ermittlungen im Moment nicht weiter vorantreiben will. Er sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, seine Behörde verzichte mit Blick auf das hohe Gut der Pressefreiheit vorerst auf mögliche Exekutivmaßnahmen. In dem Ermittlungsverfahren sei zunächst zu klären gewesen, ob es sich bei den Veröffentlichungen um die Bekanntgabe eines Staatsgeheimnisses handelt. Dazu werde ein externes Sachverständigengutachten eingeholt. „Bis zum Eingang des Gutachtens wird mit den Ermittlungen innegehalten“, erklärte Range.

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