Langzeitfolgen der Pandemie: Hilfe für Long-Covid-Betroffene

Long-Covid-Patient*innen sollen noch in diesem Jahr besser mit Medikamenten versorgt werden. Das ist ein Ergebnis des ersten Runden Tischs Long Covid.

Lauterbach mit einer verpackten FFP-2-Maske in der Hand

Hat sich an den runden Tisc gesetzt, um über Long Covid zu sprechen: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Foto: Chris Emil Janssen/imago

BERLIN taz | Das sei „eine sehr wichtige Runde gewesen“. Mit diesen Worten kam Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zurück vom ersten „Runden Tisch Long Covid“, an dem über 70 Expert*innen, Betroffene und Ver­tre­te­r*in­nen aus Politik, Versorgung und Pharmaindustrie miteinander diskutiert hatten. Die Versorgung von Long-Covid-Patient*innen werde sich jetzt zeitnah und wesentlich verbessern, versprach der Gesundheitsminister am Dienstag.

Mehrere hunderttausend Menschen sollen nach einer Covid-19-Erkrankung oder -Impfung an Long Covid erkrankt sein – also unter mehrmonatigen oder dauerhaften Einschränkungen leiden. Manche Schätzungen gehen sogar von mehr als zwei Millionen Betroffenen aus. Die Symptome der bislang nahezu unerforschten Erkrankung sind vielfältig.

Versorgung nicht ausreichend

Besonders typisch sind eine Belastungsintoleranz und übermäßige Erschöpfung, die verzögert schon nach geringsten Alltagsaktivitäten wie Treppensteigen auftreten kann. Es gib Patient*innen, die seit Jahren ans Bett gefesselt sind. Das Phänomen postinfektiöser Erkrankungen ist schon seit Jahrzehnten bekannt, hat aber vor Corona und Long Covid kaum Beachtung in Forschung, Medizin und Politik gefunden.

Dass die Betroffenen nicht ausreichend versorgt werden, darüber waren sich offenbar auch alle einig, die nun an Lauterbachs Rundem Tisch saßen. Und so verkündete der Gesundheitsminister gemeinsam mit der Berliner Expertin für postinfektiöse Erkrankungen, Carmen Scheibenbogen, sowie dem Leiter des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Karl Broich, eine Reihe von Maßnahmen, die nun ergriffen werden sollen. Es gebe zwar laufende Behandlungsstudien, aber es sei deutlich geworden: „Wir brauchen jetzt Hilfe“, so Broich. „Die bisherige Geschwindigkeit reicht nicht“, sagte Scheibenbogen.

So will das BfArm nun noch in diesem Jahr eine Liste mit Medikamenten abstimmen, die bei Long-Covid-Patient*innen angewendet werden können, obwohl sie für andere Erkrankungen zugelassen wurden. Dieser Off-Label-Use kommt auch bei Erkrankungen wie Krebs zum Einsatz.

Für Long Covid gebe es Medikamente, die bei Symptomen wie Schwindel oder Schlafstörungen gut helfen würden oder der Entstehung von Long Covid vorbeugen könnten, so Broich und Scheibenbogen. Aber ohne eine Empfehlung durch das BfArM seien Ärz­t*in­nen aufgrund von Haftungsproblemen zögerlich mit der Verschreibung und die Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist nur in Ausnahmefällen möglich.

Mehr Forschung

Auch in Sachen Forschung versprach Lauterbach Verbesserungen. Bisher seien 40 Millionen Euro vor allem für die Versorgungsforschung vorgesehen, davon 20 Millionen aus dem Etat des Gesundheitsministeriums. Aber das reiche nicht. Er wolle versuchen, weitere 60 Millionen Euro auszuhandeln.

Außerdem solle in wenigen Wochen das Medizinforschungsgesetz verabschiedet werden, das die bisher viel zu hohen Hürden für die klinische Forschung an Universitäten senken werde. Auf den Treffen der G7- und G20-Staaten wolle sich Lauterbach auch international für mehr Long-Covid-Forschung einsetzen.

Zur Sprache kam auch die unzureichende Finanzierung von Long-Covid-Spezialambulanzen, die sich zudem vor allem auf die Diagnostik und nicht die Versorgung konzentrierten, sowie fehlende Abrechnungspauschalen, wie sie bei anderen chronisch Erkrankten üblich sind. Lauterbach versprach, dies zu prüfen.

Mit Blick auf den Corona-Herbst und zuletzt steigende Infektionszahlen verwies Lauterbach zudem auf die Empfehlung zur Auffrischungsimpfung für über 60-Jährige und Menschen mit Risikofaktoren. Ab dem 18. September stünden angepasste Impfstoffe in den Praxen bereit.

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