Maßnahmen gegen Lärm in Berlin: Motorradfahrer enteignen!

Der Bund für Umwelt und Naturschutz fordert zur Beteiligung am Lärmaktionsplan auf – es geht um nächtliches Tempo 30 und lärmträchtiges Verhalten.

Motorradauspuff-Röhren in einem Laden

Keine Kirchenorgel, sondern fiese Lärminstrumente Foto: IMAGO / YAY Images

BERLIN taz | Der Landesverband des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) ruft die BerlinerInnen dazu auf, sich bei der Öffentlichkeitsbeteiligung für den Lärmaktionsplan 2024–2029 einzubringen und so Druck auf die Verkehrs- und Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) auszuüben. Der Aktionsplan, der die politischen Ziele zur Lärmreduzierung definiert, wird regelmäßig fortgeschrieben. Der neue Aktionsplan soll im Juli 2024 in Kraft treten, seit einer guten Woche haben Interessierte die Möglichkeit, auf der Plattform mein.berlin.de Lärmbelastungen zu melden und Anregungen zur Lärmminderungen zu geben.

Bei den Berliner Lärmaktionsplänen, die auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes aufgestellt werden, geht es fast ausschließlich um Verkehrslärm. Andere großflächig wirksame Lärmquellen – etwa durch industrielle Anlagen – gibt es in Berlin praktisch nicht. Schwerpunkte des Plans für 2024–2029 sind neben dem Schutz von „städtischen Ruhe- und Erholungsräumen“ die Vermeidung von „lautem Verkehrsverhalten“, etwa durch sogenannte Posing-Fahrten, und ein Tempo-30-Konzept für die Zeit zwischen 22 und 6 Uhr.

Ein stark ausgeweitetes nächtliches Tempolimit hatte schon der Lärmaktionsplan 2018–2023 in Aussicht gestellt. Derzeit gilt nur auf rund einem Viertel des 1.550 Kilometer umfassenden Hauptverkehrsstraßennetzes Tempo 30 in den Nachtstunden. „Vor allem nachts brauchen Menschen Erholung, Lärm ist für viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich“, sagt BUND-Referent Martin Schlegel. Manja Schreiner habe allerdings schon Skepsis signalisiert, das nächtliche Tempolimit stark auszuweiten. „Die Spitze der Verkehrs- und Umweltverwaltung darf politische Ziele nicht über den Gesundheitsschutz stellen“, so Schlegel.

Ein Zehntel leidet gesundheitlich unter Lärm

Im Rahmen einer Bestandsaufnahme kam der letzte Aktionsplan zu dem Schluss, dass „durch den Straßenverkehr fast ein Zehntel der Wohnbevölkerung Lärmpegeln ausgesetzt ist, die auf Dauer gesundheitsgefährdend sein können“. Trotz aller seitdem durchgeführten Maßnahmen, die neben Tempolimits auch Straßensanierungen mit „Flüsterasphalt“ oder Lärmschutzwände beinhalten, dürfte dieser Anteil nicht oder zumindest nicht deutlich gesunken sein – dafür spricht schon die fortschreitende Verdichtung der Stadt.

Beim verhaltensbedingten Verkehrslärm beklagt der BUND die „viel zu laute Lärmlobby“ der Auto- und Motorradindustrie. Gerade bei Motorrädern, die oft für extreme Lärmspitzen verantwortlich sind, handele es sich um „Freizeitlärm“, so Martin Schlegel: „Die viel zitierte Krankenschwester fährt eher mit dem Rad oder dem ÖPNV zur Arbeit.“

Schlegel fordert den Senat auf, sich an einem Antrag gegen Motorradlärm zu beteiligen, den Baden-Württemberg im Bundesratsantrag eingebracht hat. Seine Idee, wie mit den lärmenden Karossen selbst umzugehen ist, dürfte es aber ganz sicher nicht auf die schwarz-rote Agenda schaffen: „Viel zu laute Motorräder und SUV gehören aus dem Verkehr gezogen und für die Landeskasse versteigert.“

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