Menschen auf der Flucht: CDU will Schlagbaum zurück

Brandenburgs Innenminister Stübgen beharrt auf seinen Forderungen, wieder stationäre Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze einzuführen.

Der deutsch-polnische Grenzübergang Stadtbrücke in Frankfurt (Oder). Brandenburgs Ministerpräsident Woidke pocht auf stationäre Kontrollen der Bundespolizei an der brandenburgisch-polnischen Grenze. Damit soll eine stärkere Bekämpfung vor allem der Schleuserkriminalität, die in den letzten Tagen und Wochen deutlich zugenommen hat, erreicht werden.

Noch kann man hier problemlos rüberfahren: der Grenzübergang Frankfurt (Oder)/Słubice Foto: dpa

BERLIN taz | Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) gibt seine Forderungen nach stationären Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze nicht auf, nachdem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ihm zuletzt eine Absage erteilt hatte: „Die vorübergehende Einführung von Binnengrenzkontrollen setze eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit voraus“, so Faeser.

Doch Stübgen sagt: „Ich habe kein Verständnis, dass die Bundesinnenministerin diese Lage an der Grenze zu Polen nicht gegeben sieht.“ Viele Eingereiste würden gezielt von Russland eingeschleust, um das Land zu destabilisieren. Er sei nicht bereit, das hinzunehmen. Das Ministerium verweist auf die gestiegene Zahl von Flüchtlingen, die beim illegalen Grenzübertritt von der Polizei aufgegriffen wurden: Waren das im Januar und Februar nur jeweils 200 Menschen, so waren es im März bereits 500 und seitdem 900 Personen pro Monat.

Doch während die Zahl illegaler Aufgriffe zunahm, sank die Auslastung der Brandenburger Erstaufnahmestellen. „Es kann auch mehr Aufgriffe von illegal eingereisten Menschen geben, wenn die Polizei mehr kontrolliert“, sagte die Linke-Abgeordnete Andrea Johlige. Denn wer als Asylsuchender über Russland, Belarus und Polen nach Deutschland kommt, landet oft zuerst in Brandenburg. Die meisten reisen aber weiter, nach Berlin, Hamburg oder Amsterdam und Paris. Wenn sie in Brandenburg aufgegriffen werden, können sie allerdings nicht weiterreisen. Stattdessen werden sie von der Bundespolizei zu einer Erstaufnahmestelle eskortiert.

Mehr Kontrollen, höhere Zahlen

Auf Anfrage der taz hat das Innenministerium die Zahl der Erstanträge auf Asyl in Brandenburg vorgelegt. Zwischen Mai 2022 und März 2023 gibt es monatlich schwankende Zahlen. Im April und Mai 2023 verzeichnet Brandenburg hingegen jeweils 300 bis 400 Erstzugänge von Asylbewerbern mehr als zuvor. Das sind ungefähr so viele mehr, wie die Bundespolizei in diesen Monaten mehr Menschen an der Grenze aufgegriffen hat. Es liegt also nahe, dass diese Menschen ohne Kontrolle gar nicht in Brandenburg ihren Asylantrag gestellt hätten. Mit anderen Worten: Die Polizei kontrolliert mehr an der deutsch-polnischen Grenze. Dadurch gehen ihr mehr Menschen dort ins Netz. Das nutzt Stübgen als Argument, um noch mehr zu kontrollieren.

Seine Koalitionspartner SPD und Grüne widersprechen. Sie fürchten lange Lkw-Staus. „Wir wissen, dass auch die Menschen vor Ort genau diese offenen Grenzen schätzen und es im Übrigen auch für die Wirtschaft vor Ort wichtig ist, dass Pend­le­r:in­nen schnell von A nach B gelangen können“, so Grünen-Fraktionschefin Petra Budke.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.