Merz will keinen Streit zu Kanzlerschaft: Die Kabbel-Frage der Union

Der CDU-Chef spricht in der K-Frage nochmal ein Machtwort. Vielleicht sitzt der Streithahn diesmal gar nicht in München, sondern in Düsseldorf.

Portrait von Friedrich merz

Friedrich Merz, hier frisch und munter bei einem Interview am 12.12 Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN dpa/taz | Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz geht nicht davon aus, dass es CSU-Chef Markus Söder auf einen erneuten unionsinternen Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union bei der nächsten Bundestagswahl ankommen lässt. „Dafür verstehen Markus Söder und ich uns einfach auch persönlich zu gut“, sagte Merz der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Und er weiß auch, dass wir das nicht so wiederholen werden und auch nicht wollen wie 2021.“ Der CDU-Vorsitzende fügte hinzu: „Ich werde es auch nicht zulassen, dass so etwas noch einmal geschieht.“

Dabei ist unklar, wie friedlich die Kür des Unions-Kanzlerkandidaten im kommenden Jahr wird. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte am Donnerstag auf eine Mitsprache in der Kanzlerfrage gedrängt. „Wie auch die CSU nachvollziehbar beansprucht, hierbei mitzuentscheiden, tun dies auch die Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten der CDU“, sagte er dem „Spiegel“. Wüst gilt neben Söder als ein möglicher Konkurrent des CDU-Chefs für die Kandidatur.

Zuletzt hatten CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Kanzlerfrage innerhalb der Union für entschieden erklärt. Wenn der Parteivorsitzende es wolle, „dann wird er Kanzlerkandidat der Union“, sagte Linnemann am Donnerstag gegenüber der „Welt“. Kretschmer sagte der Funke-Mediengruppe, Merz werde von Söder und ihm „sehr unterstützt“ bei einer Kandidatur.

Noch ist der Zeitplan der Unionsparteien in der Kanzler-Frage unklar. Kretschmer drängt darauf, die Diskussionen darum auf die Zeit nach den Landtagswahlen in Sachen am 1. September zu legen. Im Mai veranstaltet die CDU in Berlin einen Parteitag, bei dem sie auch über ihr neues Grundsatzprogramm entscheiden will.

Merz hält Kanzlerschaft für „keine Selbstverständlichkeit“

Gegenüber der dpa reagierte Merz zurückhaltend auf die Frage, ob er bei einer vorgezogenen Neuwahl des Bundestages der „geborene Kanzlerkandidat“ sei. „Darüber sprechen wir in der Union zwischen CDU und CSU. Erst die Parteivorsitzenden, dann selbstverständlich auch die Landesvorsitzenden. Wenn es so weit ist. Und daran halten wir uns.“

Das Amt des Kanzlers erfordere Erfahrung, Nervenstärke, Führungs- und Teamfähigkeit, sagte Merz. Dies werde man besprechen und dann gemeinsam eine Entscheidung treffen. Natürlich rede er auch mit seiner Familie über das Thema. Wie bisher werde er keine Entscheidung fällen, „die nicht auf die Zustimmung meiner Familie trifft“.

Er gehe „mit einer großen Demut und einem ganz großen Respekt an diese Frage heran, weil ich weiß, dass dieses Amt das wichtigste Amt ist, das in der Bundesrepublik Deutschland politisch zu vergeben ist“, sagte Merz über eine mögliche Kanzlerkandidatur. Das Amt verlange hohe internationale Präsenz und hohen internationalen Respekt. „Ich habe dabei auch eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen, die ich selber auch für mich selbst noch einmal sorgfältig reflektieren werde und entscheiden werde. Das ist keine Selbstverständlichkeit.“

Auf die Frage, ob etwas dagegenspräche, dass er Kanzlerkandidat werde, antwortete Merz: „Die Frage, welche Wählergruppen ich als Person erreiche, ist ein Thema.“ Zudem werde er wenige Wochen nach der nächsten regulären Bundestagswahl im Herbst des übernächsten Jahres 70 Jahre alt. „Ich wäre damit nach (dem ersten CDU-Kanzler) Konrad Adenauer der älteste Bewerber um das Amt des Bundeskanzlers in der Bundesrepublik Deutschland. Das sind Überlegungen, das sind Erwägungen, die ich auch im Blick behalten muss.“

Die Frage nach dem Zeitpunkt

Auf den Hinweis, dass die voraussichtlichen Präsidentschaftsbewerber in den USA bei den dortigen Wahlen 2024 deutlich älter seien, sagte Merz: „Und gerade weil es in den USA so ist, ist es für mich eher ein warnender Hinweis, es auch nicht einfach für selbstverständlich zu nehmen, dass man in diesem Alter ein solches Amt wirklich noch ausfüllen kann.“ US-Präsident Joe Biden ist 81 Jahre alt, sein möglicher Herausforderer und Amtsvorgänger Donald Trump 77 Jahre.

Er fühle sich fit, sagte Merz. Als er kürzlich mit einem Eurofighter der Bundeswehr mitfliegen wollte, sei er im Flugmedizinischen Zentrum der Bundeswehr „sieben Stunden lang durchgecheckt worden – und es hat keine Beanstandung gegeben“.

Die Frage, wann die Union die K-Frage entscheide, hänge von zwei Faktoren ab, sagte Merz. „Erstens, wann findet die Bundestagswahl eigentlich statt? Zweitens, wenn sie regulär erst im Herbst 2025 stattfindet, dann brauchen wir ein Jahr Vorlauf für den Kandidaten, die Wahl dann wirklich gut vorzubereiten.“ Mit Blick auf Söders Vorstoß, über die Kanzlerkandidatur erst nach den Landtagswahlen im September 2024 zu entscheiden, sagte Merz: „Das könnte nach diesen Landtagswahlen sein im Osten, das könnte auch vorher sein. Das ist eine Frage der politischen Einschätzung der Lage und die werden wir gemeinsam vornehmen.“ Es gelte: „Die beiden Parteivorsitzenden sind jedenfalls ganz grundsätzlich immer auch potenzielle Kandidaten.“

Merz: Werde auch künftig zugespitzt formulieren

Der CDU-Vorsitzende verteidigte umstrittene Äußerungen wie jene über „kleine Paschas“ oder die Bezeichnung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) als „Klempner der Macht“. „Der Oppositionsführer muss hin und wieder auch mal zugespitzt formulieren, damit ein Thema zum Thema wird. Und erst durch den Widerspruch wird es zum Thema.“ Er habe solche Themen gesetzt. Dies werde er auch künftig tun: „Ich werde mich nicht grundlegend verändern und verstellen. Ich bin so, wie ich bin mit allen meinen Stärken und meinen Schwächen. Das gehört dazu.“

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