Missbrauchsskandal in Ungarn: Katalin Novak zurückgetreten

Die ungarische Präsidentin zieht sich zurück. Zuvor wurde sie wegen der Begnadigung eines in Kindesmissbrauch verwickelten Mannes kritisiert.

Katalin Novak vor blauem Hintergrund

Katalin Novak auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos am 17. Januar 2024 Foto: Hannes P Albert/dpa

BUDAPEST afp | In Ungarn ist die wegen der Begnadigung eines in Kindesmissbrauch verwickelten Mannes in die Kritik geratene Präsidentin Katalin Novak zurückgetreten. Die enge Vertraute des rechtsnationalen Regierungschefs Viktor Orbán erklärte am Samstag, sie verzichte wegen ihres „Fehlers“ auf ihren Posten. Die 2022 angetretene Novak war die erste Frau an der Staatsspitze Ungarns.

Novak war durch Enthüllungen unter Druck geraten, dass sie im April 2023 anlässlich des Besuchs von Papst Franziskus in Budapest einen in Kindesmissbrauch verwickelten Mann begnadigt hatte. Der ehemalige stellvertretende Leiter eines Kinderheims war 2022 zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt worden, weil er kriminelle Handlungen seines Vorgesetzten gedeckt hatte.

Die Opposition hatte nach Bekanntwerden der Begnadigung in der vergangenen Woche Novaks Rücktritt gefordert, im Land war es zu Demonstrationen gekommen. Am Freitagabend hatten sich Demonstranten vor dem Präsidentenpalast in Budapest versammelt, drei Präsidentenberater traten zurück.

Am Samstag nun zog Novak die Konsequenzen und erklärte ihren Rücktritt: „Ich entschuldige mich bei denen, die ich verletzt habe, und bei allen Opfern, die möglicherweise den Eindruck hatten, dass ich nicht zu ihnen stehe“, sagte die 46-Jährige. Sie stehe „für den Schutz von Kindern und Familien ein“, habe dies getan und werde dies auch weiterhin tun.

Novak war zuvor Familienministerin gewesen

Vor ihrer Wahl zur Präsidentin war Novak lange Familienministerin gewesen. Es dürfe „keinen Zweifel“ geben, dass es gegenüber Kindesmissbrauch „null Toleranz“ gebe, sagte sie.

Der Präsident oder die Präsidentin haben im politischen System Ungarns vor allem protokollarische Aufgaben. Trotzdem war die Berufung Novaks und damit einer Frau in das Amt sehr bedeutungsvoll. Denn Orbáns Regierung ist männerdominiert: Im 16 Posten umfassenden Kabinett ist keine einzige Frau.

Nach Novaks Rücktritt kündigte zudem die frühere Justizministerin Judit Varga ihren Rückzug „aus dem öffentlichen Leben“ an. Varga hatte der Begnadigung im April 2023 zugestimmt. Sie hatte sich unlängst von der Spitze des Ministeriums zurückgezogen, um die Liste von Orbáns Partei Fidesz bei der anstehenden Europawahl anzuführen. Nun legte sie ihr Mandat als Parlamentarierin nieder und tritt nicht mehr zur Europawahl an.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.