Neuer EU-Gipfel zur Flüchtlingspolitik: Österreich droht Osteuropa

Im Streit um die europaweite Verteilung von Flüchtlingen droht Österreichs Bundeskanzler Faymann mit der Kürzung der EU-Beiträge seines Landes.

Flüchtlinge sitzen um ein Lagerfeuer

Geflüchtete warten an der slowenisch-österreichischen Grenze. Foto: ap

BRÜSSEL dpa | Die 28 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wollen am Donnerstagnachmittag in Brüssel über Flüchtlingspolitik sprechen. Ratspräsident Donald Tusk will bei dem Gipfel dazu aufrufen, bereits gefasste Beschlüsse konsequenter in die Tat umzusetzen. Dabei geht es um die Einrichtung von Registrierungszentren in Italien und Griechenland oder die Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedstaaten.

Bei dem zweitägigen Gipfel dürfte auch der umstrittene Vorschlag der EU-Kommission zur Stärkung des europäischen Grenzschutzes zur Sprache kommen. Kanzlerin Angela Merkel sagte Deutschlands Unterstützung für die Vorschläge der EU-Kommission bereits zu. Diese sollten möglichst rasch beraten und verabschiedet werden, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch bei einer Regierungserklärung im Bundestag.

Die Pläne sehen vor, dass die gestärkte und personell ausgebaute europäische Grenzschutzagentur Frontex notfalls auch gegen den Willen der betroffenen Staaten zur Sicherung der Außengrenzen aktiv werden kann. Etliche Mitgliedstaaten sehen das skeptisch, weil damit Kernfragen ihrer Souveränität berührt sind.

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos verteidigte den Vorschlag. Der Zustrom an Flüchtlingen in den vergangenen Monaten habe gezeigt, dass die EU einen anderen Ansatz brauche, sagte er der Passauer Neuen Presse. Es gehe nicht um eine Festung Europa. „Es geht um ein besseres Management unserer Außengrenzen, so dass wir die Freizügigkeit innerhalb unserer Innengrenzen besser aufrechterhalten können.“ Er halte „weder völlig offene noch völlig geschlossene Grenzen für realistisch“, so Avramopoulos.

Vereinbarungen einhalten

Deutschland will sich Merkel zufolge zudem weiter für einen dauerhaften und verbindlichen Mechanismus zur Verteilung der Flüchtlinge in Europa einsetzen. Der Gipfel in Brüssel werde hier allerdings keinen Durchbruch bringen, so die Kanzlerin. Die Bundesregierung bestehe aber darauf, dass bereits getroffene Vereinbarungen wie die Verteilung von 160 .000 Flüchtlingen konsequent umgesetzt würden. Dies komme viel zu langsam voran, kritisierte sie.

Auch Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann mahnt hier mehr europäische Solidarität an und schließt finanzielle Konsequenzen für weniger solidarische EU-Mitglieder nicht aus. „Wer unter dem Strich mehr Geld aus dem EU-Haushalt erhält als einzahlt, sollte sich bei einer fairen Verteilung der Flüchtlinge nicht einfach wegducken“, sagte er der Welt. „Wer sich dennoch verweigert, stellt die gesamte Finanzierung des EU-Haushalts in Frage und macht es Nettozahlern wie Österreich künftig sehr schwer, weiterhin so viel Geld einzuzahlen.“ Solidarität sei keine Einbahnstraße.

Bei der vor knapp drei Monaten vereinbarten Zahl von 160 .000 Flüchtlingen, die innerhalb der EU verteilt werden sollen, geht es im wesentlichen um Menschen, die in Griechenland und Italien ankamen. Einige mittel- und osteuropäische Staaten sperren sich hier nach wie vor. Merkel will in Brüssel bei einem Extratreffen mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu und einigen EU-Regierungschefs auch über das Vorhaben reden, der Türkei Flüchtlingskontingente abzunehmen.

Wie die Bild-Zeitung unter Berufung auf interne Zahlen der EU-Kommission berichtete, kamen seit Anfang des Monats 52 .234 Flüchtlinge aus der Türkei nach Griechenland. Das waren demnach im Schnitt 3731 pro Tag. Seit Anfang dieser Woche seien die Zahlen auf unter 2000 gesunken, im September und Oktober seien es noch 6970 Menschen pro Tag gewesen.

Weiteres Gipfel-Thema sind die Forderungen des britischen Premiers David Cameron zur Reform der EU.

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