Neuer Haushalt der Ampelkoalition: Umverteilen in die falsche Richtung

Der jetzt endlich beschlossene Haushalt der Bundesregierung ist genau das, für was ihn die Kritiker aus allen Reihen halten: ein Armutszeugnis.

Christian Lindner, Robert Habeck und olaf Scholz im Deutschen Bundestag

Trotz Grübelns ein mieser Haushalt: Spitzen der Bundesregierung, Berlin, 31. 1. 2024 Foto: Kay Nietfeld/dpa

Selten sind sich Ver­tre­te­r:in­nen von Organisationen politisch entgegengesetzter Richtungen so einig: Ob Unternehmensvereinigungen, Sozialverbände, Umweltorganisationen oder Gewerkschaften – sie kritisieren den Haushalt der Ampelregierung massiv. Bei allen Unterschieden verbindet sie eine Einschätzung: Die Ampel investiert nicht genug in die kaputtgesparte Infrastruktur und den klimagerechten Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Sie riskiert den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Branchen.

Die Ver­tre­te­r:in­nen der Organisationen liegen völlig richtig. SPD, Grüne und FDP verabschieden einen Sparhaushalt, der ein großes Unvermögen dokumentiert: Sie sorgen weder dafür, dass die Konjunktur stabilisiert wird, noch, dass die Klimaziele erreicht werden. Gleichzeitig treiben sie die Umverteilung von unten nach oben voran.

Bei vielen Kri­ti­ke­r:in­nen der Haushalts­beschlüsse steht die Schuldenbremse im Fokus, weil diese Vorgabe die Geldbeschaffung für Investitionen blockiert. Ja, es wäre besser, die Schuldenbremse würde abgeschafft oder wenigstens reformiert. Aber: Der ständige Ruf danach verstellt den Blick auf das, was trotz Finanzierungsblockade mit ein wenig gutem politischen Willen möglich wäre. Statt Spielräume zu nutzen, entlastet die Ampel systematisch Wohlhabende. Die gewährten Steuererleichterungen überkompensieren bei Gutverdienenden die Belastungen durch diverse steigende Abgaben, Leute mit wenig oder mittleren Einkommen haben unterm Strich weniger. Die Ampel sorgt selbst dafür, dass ihre Spielräume beim Haushalt kleiner werden. Um die Lücken zu schließen, wird der Rotstift angesetzt. Aber nicht da, wo es sinnvoll wäre: In den Ausbau von Autobahnen fließt viel Geld, bei Radwegen und Schiene wird gespart. Die massiv steigenden Militärausgaben werden nicht infrage gestellt. Gleichzeitig wird im Entwicklungshilfeetat drastisch gekürzt – obwohl die Ampel versprochen hatte, dass diese Gelder mit denen für die Bundeswehr steigen sollten. Haushaltslöcher mit Kürzungen bei Bürgergeldbeziehenden zu stopfen, die die Kontrolle über ihr Leben verloren haben und als „Totalverweigerer“ gebrandmarkt werden, ist niederträchtig. Erst recht, wenn umweltschädliche Subventionen wie das Dienstwagenprivileg für Topverdienende nicht angerührt werden.

Viele Bür­ge­r:in­nen lehnen diese Prioritätensetzung ab. Die Ampel regiert gegen eine wachsende Mehrheit. Der Preis dafür ist hoch: eine dramatische Rechtsverschiebung. Die FDP mag das nicht stören. Aber es ist unfassbar, dass Grüne und SPD bereit sind, diesen Preis zu bezahlen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.