Niedersachsens Datenschutzbeauftragte: Ärger um Datenschutz-Nachfolge

Niedersachsens oberste Datenschützerin, Barbara Thiel, verlässt ihr Amt ungern. Die Ernennung ihres Nachfolgers soll gegen die DSGVO verstoßen.

Die Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel sitzt bei einer Pressekonferenz hinter einem Mikrofon.

Mit ihrer harschen Kritik am niedersächsischen Polizeigesetz machte sich Barbara Thiel viele Feinde Foto: Peter Steffen/dpa

HANNOVER taz | Beliebt macht man sich in der Position als niedersächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz selten – Barbara Thiel (CDU) hat den Job nach eigenem Bekunden trotzdem sehr gern gemacht. Und würde ihn gern noch weitermachen.

Blöd nur, dass der Ministerpräsident schon einen Nachfolger auserkoren hat: Denis Lehmkemper (auch CDU) soll ab 1. Juli übernehmen, der Landtag hat dem Anfang Mai zugestimmt. Das geht aber so nicht, findet die Noch-Amtsinhaberin – und wirft der Landesregierung ausgerechnet einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor.

Die sähe nämlich ein transparentes Verfahren und gewisse Mindestqualifikationen vor. Von einem transparenten Verfahren könne hier aber keine Rede sein – immerhin habe man sie nicht einmal gefragt, obwohl sie ihre Bereitschaft öffentlich bekundet hatte.

Einschlägige Erfahrungen sind bei ihrem designierten Nachfolger Lehmkemper auch nicht auf den ersten Blick zu erkennen – der war bisher im Landwirtschaftsministerium tätig, als Abteilungsleiter für den Bereich Raumordnung.

Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht

Dabei hatte man Thiel schon genötigt, ihrem Nachfolger den Stuhl warmzuhalten. Ihre Amtszeit wurde um ein halbes Jahr verlängert, weil man offenbar Schwierigkeiten hatte, sich auf einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu einigen.

Dass der- oder diejenige aus der größten Oppositionspartei zu kommen hat, ist eine niedersächsische Gepflogenheit. So will man eine größere Unabhängigkeit der Kontrollbehörde sicherstellen. Auch Barbara Thiel wurde 2014 von einer rot-grünen Landesregierung ins Amt gehievt.

Jetzt will sich die 68-Jährige nicht einfach so wieder daraus entfernen lassen. Bei der – mutmaßlich letzten – Pressekonferenz zur Vorstellung ihres jährlichen Tätigkeitsberichtes bestätigte sie, sie habe der Staatskanzlei ihre Einwände dargelegt und gleichzeitig beim Verwaltungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

Darüber hatten am Dienstag schon das Hintergrundmagazin Rundblick und die FAZ berichtet. Mehr wolle sie aufgrund des laufenden Verfahrens aber nicht sagen. Lehmkemper bekommt seine Ernennungsurkunde nun aber erst einmal nicht ausgehändigt, bis das Eilverfahren abgeschlossen ist.

Unbeliebte Kritik am Polizeigesetz und Rekordstrafen

Aus ihrer Partei ist ihr bisher niemand beigesprungen. Das könnte unter anderem daran liegen, dass sich Thiel mit ihrer harschen Kritik am ersten Entwurf des niedersächsischen Polizeigesetzes 2018 viele Feinde gemacht hat – und zwar sowohl in der CDU als auch in der SPD, die damals zusammen regierten.

Ins Hintertreffen geriet bei diesen Querelen fast, was sie inhaltlich zu verkünden hatte: Geldbußen in Höhe von rund 2,2 Millionen Euro hatte sie im Jahr 2022 verhängt. 1,1 Millionen Euro zahlte allein VW, weil der Konzern bei der Erprobung von Fahrassistenzsystemen es großzügig rundherum gefilmt hatte.

Außerdem stoppte sie ein Gemeinschaftsprojekt von 89 Genossenschaftsbanken, die mit „Smart Data Verfahren“ den Zahlungsverkehr ihrer Kunden analysieren wollten, um sie dann mit passgenauer Werbung behelligen zu können. Und zwei Fahrschulen, die ihre Fahrstunden live ins Internet streamten.

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