Outdoorausstellung in Britz: Walnuss, Holunder, Johannisbeere

Der Urbane Waldgarten Britz ist Schauplatz der 4. Berlin Britzenale. Zwölf künstlerische Positionen suchen dort nach Strategien für die Zukunft.

eine pinkfarbene Skulptur auf der Wiese

Die neonpink schimmernde Installation von MELT im wild blühenden Naturgarten Foto: Eva-Christina Meier

Am Ende dieses Sommers erscheint Berlin weniger trocken als in den vergangenen Jahren. Trotzdem ist die Klimakrise eine neue Realität, die auf Veränderung drängt. Das Berliner Kunstfestival Britzenale, das bisher in den Parzellen einer klassischen Schrebergartensiedlung an der Blaschkoallee stattfand, ist in seiner vierten Edition nun weitergezogen und kooperiert in diesem Jahr erstmals mit dem erst jüngst gegründeten „Urbanen Waldgarten Britz“.

In direkter Nachbarschaft zum Park „Britzer Garten“ und nahe der Hochhaussiedlung Gropiusstadt soll die Anlage zu einem multifunktional genutzten Begegnungsort heranwachsen. Nach Vorbild des Waldes nutzt der wissenschaftlich begleitete Gemeinschaftsgarten den Aufbau in überlappenden Vegetationsschichten zur Klimaanpassung, zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und der Artenvielfalt.

Verschlungene Pfade führen durch die schon hohen Wildblumenwiesen mit noch jungen Obstbäumen oder frisch angelegten Parzellen zum ökologischen Gemüseanbau. Linnéa Meiners und Christof Zwiener, das kuratorische Team der 4. Berlin Britzenale, hat das noch junge, visionäre Garten-Projekt dazu angeregt, in ihrer aktuellen Ausstellung ebenfalls neue Wege zu beschreiten.

„Für uns war hier der Prozess des Entstehens extrem spannend und die Frage, wie funktioniert Kunst an solch einem Ort,“ beschreibt Zwiener das erste Andocken an den Waldgarten. Für die aktuelle Ausgabe des Kunstfestivals haben Meiners und Zwiener zwölf Künst­le­r*in­nen nach Britz eingeladen, um in temporären Beiträgen vor Ort Transformation und Nachhaltigkeit vielfältig zu reflektieren.

Einige Kunstwerke muss man suchen

Wie auf einem Parcours verteilen sich Installationen, Skulpturen, Interventionen und Performances in dem klar gegliederten Naturraum. Einige der recht versteckt liegenden Kunstwerke entdeckt man erst mithilfe des Lageplans in der Begleitbroschüre. In dem schlicht gestalteten Heft finden sich auch Holzdrucke von Moorpflanzen, die Kinder im Ferienworkshop mit dem Künstler und virtuosen Zeichner Xiaopeng Zhou auf dem Gelände angefertigt haben.

Berlin Britzenale 4: Urbaner Waldgarten Britz, 25.–27. August www.britzenale4.com

Im hinteren Bereich des Waldgartens sammelten Antje Majewski und Paula Oltmann eine Menge Totholz, das sie für die Skulptur „Hat Hand und Fuß“ zeltartig auftürmten. Geschnitzte Hände und Füße recken sich aus der fragil wirkenden Konstruktion im Übergang. Eingebunden in einen funktionierenden Kreislauf, wird sie früher oder später an Ort und Stelle zerfallen und sich in wertvollen Kompost verwandeln.

Ebenso anschaulich greift das Künstlerkollektiv HakkaMoon das Prinzip des Waldgartens in „Seven Layers of the forest garden“ auf. Miriam Neubauer und James Chan färbten große Stoffbahnen mit lokalen Pflanzen in der Reihenfolge der sieben Vegetationsschichten des Waldgartens – mit Walnuss, Holunder, Johannisbeere, verschiedenen Kräutern und Zwiebeln in zarten Naturfarben.

Während der geplanten Performance wird die textile Intervention zur einladenden Picknickdecke für ein siebengängiges Menü mit saisonalen Zutaten aus der ökologischen Kleingartenanlage.

Andere künstlerische Positionen wählen wiederum ein distanzierteres Verhältnis zu ihrer unmittelbaren Umgebung. Die neonpink schimmernde Installation des trans*­fe­mi­nis­ti­schen Künst­le­r*in­nen­kol­lek­tiv MELT bildet schon aus der Ferne einen deutlichen Kontrast zum wild blühenden Naturgarten. Ren Loren Britton und Iz Paehr interessieren sich für autistische und trans*­gen­der Erfahrungen, für Variabilität und Mulitiplizität als Perspektive auch im Kontext der Debatte um Klimagerechtigkeit. In “Flowing, Patterning, Pacing“ kombinieren sie eine veränderbare Struktur aus zugespitzten Holzelementen mit fließendem, besticktem Jutestoff.

Glockenspiel aus Altmetall

Im vorderen Bereich des Gartens lädt David Horvitz Installation “lullaby for a landscape“ die Be­su­che­r*in­nen ein, das Schlaflied “Schlaf, Kindlein schlaf“ auf einem Glockenspiel anzustimmen oder zu variieren. Unter einer ausladenden Roteiche wurden dazu Altmetallteile in unterschiedlichen Längen aufgehängt.

Die Kuratoren der vierten Britzenale haben ein vielfältiges Programm zusammengetragen. Linnéa Meiners hofft, dass die präsentierten künstlerischen Arbeiten dazu beitragen können, neue Perspektiven zu eröffnen und den Wandel mit anzustoßen: „Ich denke, es gibt bei allen hier vertretenen Positionen einen Ausblick auf etwas, bei dem man in einem urbanen Waldgarten nicht direkt drandenkt.“

In diesem dynamischen Wechselspiel zwischen konkreter Auseinandersetzung und assoziativer Erweiterung liegt der besondere Reiz dieser nur dreitägigen Ausstellung im Waldgarten Britz.

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