Petition der Woche: Stadt vernachlässigt Antifa-Denkmal

Im Juni beschädigten Unbekannte eine bosnische Gedenkstätte. Eine Petition fordert nun, den Fall aufzuarbeiten.

Ein mit Graffiti versehenes Mahnmal

Das Mahnmal für antifaschistische Kämp­fe­r:in­nen von Mostar im Januar 2021

BERLIN taz | Die Stadt Mostar in Bosnien und Herzegowina ist weltbekannt für die Stari Most, eine Brücke aus Stein, die bogenförmig den Fluss Neretva überspannt. Kroatische Truppen zerstörten das Wahrzeichen 1993 im Bosnienkrieg, 2004 wurde es vollständig wiederaufgebaut. Nur wenige Kilometer entfernt liegt das zweite Wahrzeichen der Stadt: die Partisanen-Nekropole des berühmten serbischen Architekten, ehemaligen Belgrader Bürgermeisters und Künstlers Bogdan Bogdanović.

Das Denkmal ist den antifaschistischen Kämp­fe­r:in­nen von Mostar gewidmet, die während des Zweiten Weltkriegs gegen die deutschen Be­satze­r:in­nen und kroatischen Na­tio­nal­so­zia­lis­t:in­nen kämpften. Das 1965 am Stadtrand erbaute Denkmal ist terrassenförmig angelegt und wächst in diesen Stufen die Berge hoch, die Mostar umschließen.

Insgesamt beherbergt die Nekropole 700 Grabsteine, von denen jeder einzelne an ei­ne:n der ermordeten Par­ti­sa­n:in­nen erinnert. Seit dem 15. Juni sind von den Grabsteinen aber nur noch Trümmer übrig. „Nicht einmal in der Mitte des Krieges [Bosnienkriegs; Anm. d. Red.] haben lokale Faschisten den Partisanenfriedhof so gründlich zerstört wie heute“, schreibt der Historiker Dragan Markovina auf Facebook.

Wer für die Zerstörung verantwortlich ist, ist unbekannt. Im Nachbarland Slowenien hat die Galerie Dessa aus Ljubljana daher eine Petition aufgesetzt. Sie ruft die zuständigen Behörden dazu auf, die Untersuchung der Vorfälle einzuleiten mit dem Ziel, die Täter strafrechtlich zu verfolgen.

Renoviert, aber ungepflegt

Das Denkmal wurde nicht zum ersten Mal attackiert. Das Ensemble ist eines der größten antifaschistischen Denkmäler auf dem Balkan und seit Jahren Ziel rechter Extremisten, die die Gedenksteine mit Hassbotschaften schänden.

Die Forderungen der Petition klingen trivial, aber sie sind hochbrisant. Denn trotz der ständigen Beschädigungen in der Vergangenheit ignorierte die Stadtverwaltung die Gefährdungslage. Das Gelände wird nur nachts videoüberwacht.

Im angrenzenden Stadtpark sieht das ganz anders aus: „Es gibt einen 24-Stunden-Wachdienst, es gibt Leute, die sich um die Bewässerung kümmern, es hat eine Art ständigen Schutz, und das nationale Kulturdenkmal hat nichts und wird ständig von Vandalen angegriffen“, erläutert der Historiker Markovina im Interview mit der bosnischen Nachrichtenseite Klix.

Die Anlage ist aber auch ganz ohne Vandalismus in sehr schlechtem Zustand. Bilder von der Einweihung der Gedenkstätte 1965 zeigen gepflegte Rasenflächen und elfenbeinweiße Steintreppen. Seit das Denkmal 1992 im Bürgerkrieg schwer beschädigt wurde, ließ man es verfallen. Erst nachdem es 2005 unter Denkmalschutz gestellt wurde, veranlasste die Stadt die Renovierung. Inzwischen sind die Terrassen jedoch wieder der Natur ausgeliefert, von regelmäßiger Pflege: keine Spur.

Die Un­ter­stüt­ze­r:in­nen der Petition und Dragan Markovina hoffen, dass die Stadt durch den Vorfall endlich aufwacht, die Tä­te­r:in­nen ausfindig macht und das Denkmal in seiner ursprünglichen Form wieder herrichtet, pflegt und schützt. Ein bisschen Hoffnung gibt es bereits: Immerhin versprach der Bürgermeister von Mostar Hilfe, um die Gedenktafeln wiederherzustellen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.