Pimco-Manager Bosomworth über die Krise: "Europa braucht den Euro"

Aus südeuropäischen Staatsanleihen ist Großinvestor Andrew Bosomworth bereits weitgehend ausgestiegen. Auch um den deutschen Immobilienmarkt macht er sich Sorgen.

Deutsche Bundesanleihen gelten laut Pimco-Manager Andrew Bosomworth als sehr sichere Investition in der Euro-Krise. Bild: imago/Schöning

taz: Herr Bosomworth, Sie kaufen Staatsanleihen für die Allianz-Tochter Pimco. Machen Sie noch Gewinn?

Andrew Bosomworth: Das ist momentan schwierig. Sichere Papiere wie die deutschen Bundesanleihen sind von allen Investoren so gefragt, dass die Renditen sehr niedrig sind.

Sie könnten doch in italienische Staatsanleihen investieren. Dort sind die Renditen deutlich höher.

Unser Engagement in Italien und Spanien haben wir zurückgefahren. Denn es besteht das Risiko, dass die Anleihe nicht komplett zurückgezahlt wird - oder nicht mehr in Euro. Papiere von Griechenland, Portugal und Irland haben wir komplett verkauft.

Aber wie machen Sie Gewinn, wenn Sie unsichere Papiere meiden - und sichere Staatsanleihen keine Rendite bringen?

Wir kaufen Pfandbriefe, Unternehmensanleihen und engagieren uns in Schwellenländern. Empfehlenswert sind auch die Anleihen von öffentlichen Agenturen wie der KfW-Bank. Sie sind so sicher wie Bundesanleihen, bringen aber 0,5 Prozent mehr Rendite.

leitet das Portofoliomanagment von Pimco in München. Pimco ist der weltweit größte Anleiheninvestor und eine Topchter der Allianz.

Diesen Trick kennt aber doch wahrscheinlich jeder professionelle Investor. Warum stürzen sich nicht alle auf KfW-Anleihen?

Das ist eine reine Frage der Liquidität. Der Markt für Bundesanleihen ist viel größer - bei Bedarf lassen sich die Papiere schneller verkaufen als KfW-Anleihen.

Und in welchen Schwellenländern engagieren Sie sich?

Brasilien, Russland, Indonesien. Die Bonität Indonesiens wurde vor Kurzem hochgestuft. Momentan ist das Land sehr gefragt.

Droht da keine neue Spekulationsblase?

Das Problem ist die Niedrigzinspolitik in den USA, in Japan, in Europa und Großbritannien. Geld stirbt nicht, es muss irgendwo landen. Und es geht längst nicht nur in die Schwellenländer. Hier in Deutschland sind jetzt Immobilien sehr begehrt. Der Häusermarkt wird leer gefegt. Deutschland ist jetzt in der gleichen Situation wie Spanien und Irland zu Beginn der Währungsunion: Die Realzinsen sind zu niedrig, die Geldpolitik ist für Deutschland zu locker. Es könnte der Anfang der nächsten Blase sein.

Als Investor müssen Sie langfristig denken. Mit welchen Szenarien für die Eurozone rechnen Sie?

Es gibt nur zwei Szenarien. Das erste: Der Euro zerbricht - und es bleibt eine kleine Gruppe von homogenen Staaten übrig, die alle exportstark sind, einen Leistungsbilanzüberschuss ausweisen und sich an die Fiskalregeln halten. Das wären Deutschland, die Niederlande, Luxemburg, Belgien und Finnland.

Bei dieser Aufzählung fehlt Frankreich.

Ja, selbst Frankreich hat inzwischen Schwierigkeiten, bei der Wettbewerbsfähigkeit mitzuhalten. Politisch betrachtet gehört Frankreich aber auch zu dieser Gruppe.

Und das zweite Szenario?

Europa wird zu einer echten Fiskalunion. Die Eurozone würde dann wie die Bundesrepublik funktionieren - die reicheren Länder zahlen für die ärmeren. Ohne Transfers kann der Euro nicht überleben. Das müssen die Europäer verstehen: Historisch gesehen hat sich noch nie eine Währungsunion durchsetzen können, die nicht zugleich eine Fiskalunion war.

Welches Szenario halten Sie für wahrscheinlicher?

Das ist schwer zu sagen. Aber nehmen Sie es als Indiz, dass wir jedenfalls nur vorsichtig in Papiere aus Italien und Spanien investieren.

Sie rechnen also mit einem Crash des Euros?

Nicht unbedingt. Denn Europa braucht den Euro, und es wäre ungeheuer teuer für Deutschland, wenn Spanien und Italien auf einen Konkurs zusteuern würden. Deutschlands direkte und indirekte Forderungen an die Euro-Peripherie summieren sich auf fast 900 Milliarden Euro - also 35 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Dieses Verlustrisiko ist ein enormer Anreiz, die Eurozone zu retten.

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