Podcast „Billion Dollar Apes“: Die Kunst macht sich zum Affen

Der Podcast „Billion Dollar Apes – Kunst, Gier, NFTs“ thematisiert cool-uncool jüngste Verwerfungen in der Kunstszene. Ein echter Geldwäsche-Krimi.

Portrait von Jasna Fritzi Bauer

Jasna Fritzi Bauer führt durch die Welt der NFTs Foto: Mathias Bothor/ZDF

Die Kunst gibt immer mal wieder guten Stoff für eine ordentliche Verbrecherstory: Fälschungsskandale, Mafiakunstraub, geschmuggelte NS-Kunst. Und nun legen Deutschlandfunk Kultur und ZDF-Kultur mit „Billion Dollar Apes – Kunst, Gier, NFTs“ in ihrer Mediathek einen veritablen Kunstkrimi als 6-teiligen Podcast vor. Doch geht es dabei nicht um handfeste Gemälde oder Juwelen, sondern um sogenannte NFT-Kunst. Das sind digital generierte Kunstwerke, die auch frei durchs Netz schwirren können, aber durch einen Non-Fungible Token (NFT) über eine Blockchain zertifiziert sind. Über dieses NFT-Zertifikat können die digitalen Bilder gekauft und – vor allem – besessen werden.

Der Künstler Refik Anadol zertifiziert seine sphärisch-effektvollen Deep-Data-Bilder über NFT, Künstlerin Alicja Kwade debütierte 2020 in der NFT-Technologie mit einem „Selbstporträt“, indem sie ihre gesamte DNA auf 25 Blockchain-Zertifikate aufteilte. Und dann gibt es jene NFT-Kunst, um die sich die True-Crime-Geschichte des Pod­casts spannt: die „Bored Apes Yacht Club“-Serie der US-amerikanischen Firma Yuga Labs.

Das sind insgesamt 10.000 Profilbilder von ziemlich gelangweilt dreinschauenden Cartoon-Affen mit Sonnenbrille, Banane oder Kapitänsmütze, die prozedural von einem Algorithmus generiert werden. Besitzt man solch einen Affen, erhält man zugleich Eintritt in einen Club, virtuell, aber auch real auf echten Bored-Ape-Yacht-Club-Partys weltweit.

„Die Bored Apes sind hässlich“, um einmal ein Zitat des Kunstkritikers Kolja Reichert aus Folge drei des Podcasts vorwegzunehmen. „Die sind einfach unter keinem Gesichtspunkt cool, kein guter Zugriff auf die Cartoongeschichte, es hat mit keinem interessanten Game zu tun, einfach uninteressante Grafik.“ Trotzdem wurden 101 dieser Bored Apes im September 2021, mitten in der Pandemie, bei Sotheby’s für 24,4 Millionen Dollar versteigert. Gezahlt werden konnte auch in den Kryptowährungen Bitcoin oder Ether. Sotheby’s, immerhin eines der weltweiten größten Kunstauktionshäuser, beteuerte, die hohen Preise zeigten den wahren Wert dieser Kunst, es handele sich nicht um eine Blase.

Aufgeblasene Affen

Dass bei den Bored Apes und ihren Urhebern, den US-Amerikanern Greg Solano und Wylie Aronow von Yuga Labs, die in der Kryptoszene lange nur unter den Pseudonymen „Gargamel“ und „Gordon Goner“ bekannt waren, doch so einiges gefährlich aufgeblasen ist, erzählt nun dieser Podcast. Denn um die Bored Apes wurde offenbar nicht nur durch die richtigen Connections mit Popmanagern und einem gewieften Marketing samt Stars wie Paris Hilton und Madonna früh ein künstlicher Hype geschaffen.

Hier wurde wohl Geld gewaschen, es wurden Riesenwerte aufgepumpt, auch rassistische Bildmotive (Affe, Bananen – hallo?) in die Szene gespült. Und der Kunstmarkt spielte mit, zunächst über die Auktionshäuser, spätestens aber, nachdem in diesem Frühjahr Museen wie das Centre Pompidou als Mitspekulanten auftraten. Alles angeheizt von der Pandemie und dem Wirbel um Web-basierte Währungen, der in kurzer Zeit einen regelrechten Kryptoadel schuf.

Die sechs Teile von „Billion Dollar Apes – Kunst, Gier. NFTs“ sind mit einem steten ironischen Unterton genauso aufgeblasen produziert. Die Dramaturgie kommt von der Schriftstellerin Miku Sophie Kühmel, Sprecherin und Protagonistin ist Jasna Fritzi Bauer, die man als görenhafte Kommissarin Liv Moormann aus dem Bremen-„Tatort“ kennt. Es ist ein Hörspiel in fettem Technosound, mit Zitaten, Youtube-Mitschnitten, Interviews, „Gargamel“ kommt zu Wort, Kunstmarktspezialist Dirk Boll von Christie’s, Yuga Labs’ CEO Nicole Muniz, euphorische Bored-Apes-Sammler.

Akustisch ist hier alles auf die cool-uncoole Ästhetik der Kryptoszene gemünzt.

Über die sechs Folgen hinweg besucht Jasna Fritzi Bauer eine dieser Bored-Ape-Yacht-Club-Parties, wandelt vom dumpfen Urmoment des Affenmotivs auf der Toilette bis zum Champagnertreff der Kunstmarktelite. Und es wird klar: Die Bored Apes sind eigentlich nur der traurige Rausch einiger schwerreicher Gelangweilter, mit ihren kunstlosen Affen-Profilen bei einem vermeintlich coolen Großen mitzumachen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.