Polit-Chaos in Berlin-Lichtenberg: Hausverbot für Baustadtrat Hönicke

Lichtenbergs CDU-Bezirksbürgermeister Martin Schaefer setzt seinen SPD-Baustadtrat Kevin Hönicke ohne Vorankündigung vor die Tür. Der ist empört.

Lichtenbergs Bezirksstadtrat Kevin Hönicke (SPD)

Vom Dienst freigestellt: Lichtenbergs Bezirksstadtrat Kevin Hönicke (SPD) Foto: Maurizio Gambarini/dpa

BERLIN taz | „Das ist hier reine Willkür“, sagt Kevin Hönicke. Bis Montagnachmittag war der SPD-Politiker Baustadtrat im Ostberliner Großbezirk Lichtenberg. Dann las ihm Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) ein Schreiben vor, in dem ihm mitgeteilt wird, dass er „mit sofortiger Wirkung“ vom Dienst freigestellt ist. Gleich dazu gab es für Hönicke „ein Verbot zum Betreten aller Dienstgebäude des Bezirksamtes Lichtenberg“. Auch die Schlüssel für seine Diensträume, seine dienstlichen Laptops und Smartphones musste er „unmittelbar“ übergeben. Das Schreiben liegt der taz vor.

Hönicke ist seit 2020 im Amt. Am Tag nach seiner Freistellung wirkt der SPD-Mann immer noch entgeistert. „Das war nicht mal eine 5-Minuten-Aktion, da saßen Schaefer und der Leiter des Rechtsamts, haben mir das vorgelesen, unterschreiben sollte ich es auch noch“, berichtet er der taz. „Ich habe gesagt: Ich unterschreibe hier gar nichts. Danach war ich raus.“ Natürlich habe er nach dem Grund für die Entlassung gefragt. „Da hat Schaefer gesagt, das kann er mir nicht wirklich sagen, irgendetwas mit Staatsanwaltschaft. Ich habe keine Ahnung, was mir vorgeworfen wird.“

Tatsächlich wird in dem nur wenige Absätze kurzen Schreiben kein Entlassungsgrund genannt. Aus der Berliner SPD-Spitze – Hönicke ist Beisitzer im Landesvorstand – ist zu hören, dass der 39-Jährige „aufgrund einer Straftat“ vor die Tür gesetzt worden sein könnte. Ob das private oder berufliche Belange betreffe, entziehe sich der Kenntnis. Die Generalstaatsanwaltschaft teilt am Dienstag auf taz-Nachfrage gleichwohl mit, dass in ihrem System „kein offenes Ermittlungsverfahren gegen Kevin Hönicke ersichtlich“ sei.

Die Lage ist also unklar, umso ergiebiger wird spekuliert. Die Berliner Morgenpost berichtet etwa, dass Hönicke vorgeworfen werde, „sensible Dienstgeheimnisse verraten zu haben“, wobei es um Details von Bauvorhaben gehen soll. Stimmt nicht, heißt es dazu aus der Bezirks-CDU. Richtig sei lediglich, dass es um ein dienstrechtliches Fehlverhalten Hönickes gehe. Das sei alles andere als „Firlefanz“, habe aber mit Bauvorhaben nichts zu tun. Bezirksbürgermeister Martin Schaefer selbst hüllt sich unterdessen in Schweigen. Er wolle und dürfe dazu nichts sagen, so der CDU-Politiker zur taz.

SPD und Linke fordern Aufklärung

Kevin Hönicke gilt als sehr impulsiv. Schon das Verhältnis zu Schaefers Amtsvorgänger Michael Grunst (Linke) war geprägt von tiefem Misstrauen und Machtspielen. Ob es um die Bebauung grüner Innenhöfe ging oder die Räumung eines Obdachlosencamps am Ostkreuz: Immer wieder wurde Hönicke in der Vergangenheit vorgeworfen, bei umstrittenen Detail­entscheidungen falsch zu spielen. Auch mit Martin Schaefer soll es nicht besser gelaufen sein. Der Bürgermeister sagt dazu nur so viel: „Ob das Verhältnis gut oder schlecht war, ist irrelevant für diesen Vorgang.“

Die in Lichtenberg bis zur Wahl im Februar über Jahrzehnte tonangebende Linke ist von dem Rauswurf trotz aller Differenzen mit der SPD und mit Hönicke schwer irritiert. „Das kenne ich so aus der Vergangenheit nicht“, sagt Norman Wolf, Linksfraktionschef in der Bezirksverordnetenversammlung, zur taz. „Wir fordern von Bürgermeister Schaefer Aufklärung, er muss das Chaos in den Griff kriegen.“ Und bei aller Kritik an der Politik Hönickes, so Wolf weiter: „Er hat Anspruch darauf zu erfahren, was gegen ihn vorliegt – und wir als Bezirksverordnete auch.“

Das fordert am Dienstag auch die SPD-Fraktion und nicht zuletzt der freigestellte Stadtrat selbst. Kevin Hönicke sagt: „Stellen Sie sich mal vor, Kai Wegner sagt zu Franziska Giffey: Du gehst jetzt nach Hause. Da wäre die Hölle los. Alle in meinem Umfeld sind schockiert.“

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