Präsidentschaftswahlen in Nigeria: Schlammschlacht auf Nigerianisch

Einen Monat vor den Wahlen treibt der Wahlkampf bizarre Blüten. Der Dachverband der politischen Parteien fordert den Rückzug der beiden Spitzenreiter.

Portrait von Bola Ahmed Tinubu auf einem Plakat

Wahlplakat von Bola Ahmed Tinubu während einer Wahlveranstaltung in Lagos im November 2022

ABUJA taz | Alle führenden Präsidentschaftskandidaten in Nigeria sollen aus dem Rennen aussteigen – der Zeitpunkt dieser Appelle einen Monat vor den Wahlen am 25. Februar ist verdächtig, aber die Schwere der Vorwürfe stellt die Integrität derjenigen in Frage, die die größte schwarze Nation der Welt führen wollen.

Die Anschuldigungen, mal tragisch und mal komisch, richten sich gleichermaßen gegen Bola Tinubu von der Regierungspartei APC (All Progressives Congress) wie gegen Atiku Abubakar von der zwar gespaltenen, aber wichtigsten Oppositionspartei PDP (Peoples Democratic Party), und auch gegen die große Überraschung dieses Wahlkampfes, Peter Obi von der kleinen LP (Labour Party).

Die PDP verlangt die Festnahme Tinubus wegen Hochverrats: Ihm wird die Bildung einer APC-Parteimiliz zur Last gelegt. Die sogenannte Jabagan Army solle, so die Opposition, die Wahlen stören und Nigeria unregierbar machen. Weitere PDP-Vorwürfe gegen Tinubu drehen sich um seine Erwähnung in einer Affäre um ein Drogenmafia-Syndikat in Chicago in den USA während seiner Regierungszeit als Gouverneur von Lagos zwischen 1999 und 2007.

Umgekehrt hat Michael Achi­mugu, der sich als ehemaliger Mitarbeiter des PDP-Kandidaten Abubakar ausgibt, diesem vorgeworfen, während seiner Zeit als Nigerias Vizepräsident von 1999 bis 2007 öffentliche Gelder über Zweckgesellschaften (Special Purpose Vehicles – SPVs) abgezweigt zu haben. Dies hat Abubakars Sprecher als Wahlkampfpropaganda zurückgewiesen. Doch die APC will über Beweise verfügen.

Antikorruptionsbehörden sollen Kandidaten prüfen

Inmitten dieser Schlammschacht hat der prominente Jurist Obunike Ohaegbu Nigerias Antikorruptionsbehörden aufgefordert, alle Anschuldigungen unabhängig zu untersuchen. Der Vorwurf, dass Tinubu in Drogenkriminalität in den USA verwickelt sein soll, geht auf seine Zeit als Student in Chicago in den 1970er Jahren zurück.

Beobachter fordern, Nigeria müsste seine Präsidentschafts­kandidaten vorab durchleuchten

Schon mehrfach wurde ihm auch unterstellt, gefälschte akademische Titel zu tragen – ein Vorwurf, der auch schon gegen Nigerias amtierenden Präsidenten Mohammadu Buhari erhoben wurde. Es gibt sogar die Behauptung, der 70-jährige Bola Ahmed Adekunle Tinubu sei in Wirklichkeit der 85-jährige Lamidi Amoda Sangodele.

Man könnte das alles als lächerlich abtun, aber die vielen Vorwürfe und Gerüchte erregen so viel Aufsehen, dass nun der Dachverband von Nigerias politischen Parteien CNPP (Conference of Nigeria Political Parties), in dem sich die politischen Kräfte des Landes unter anderem über Verhaltensregeln für den Wahlkampf verständigen, den Rückzug von Abubakar und von Tinubu aus dem Rennen um die Präsidentschaft verlangt.

„Für die CNPP haben sowohl der APC als auch die PDP recht in ihren jeweiligen Aufrufen, dass ihre jeweiligen Präsidentschaftskandidaten sich zurückziehen sollten, damit es umfassende Untersuchungen geben kann“, erklärte CNPP-Generalsekretär Willy Ezugwu.

Auch Peter Obi, der als lachender Dritter die beiden Altparteien ins Abseits stellen will, wird von Vorwürfen überschattet. Dem 61-Jährigen werden Amtsmissbrauch, Geldwäsche und Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen und Morde während seiner Zeit als PDP-Gouverneur des südostnigerianischen Bundesstaates Anambra von 2006 bis 2014 vorgeworfen.

Beobachter sagen, Nigeria müsste seine Wahlgesetze verändern, damit Präsidentschaftskandidaten vorab durchleuchtet werden, bevor sie kandidieren dürfen. „Dies ist zwingend, denn wer die nationale Sicherheit bedroht, sollte nicht von Parteien zur Wahl aufgestellt werden können“, sagt Ezugwu.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.