Projekt für minderjährige Geflüchtete: Das Warten überbrücken

In den „Karussell-Lernwerkstätten“ bekommen Geflüchtete Unterstützung beim Übergang in die Ausbildung. Die Mittel stammen aus dem Jugendgewaltgipfel.

Ein Mann bemalt in einer Werkstatt ein selstgebautes Holzhaus.

In den Werkstätten setzten die Geflüchteten unter Anleitung von Künst­le­r*in­nen eigene Projekte um Foto: Rainer Jensen/dpa

BERLIN taz | „In einem Land, in dem Jugendlichen vorgeworfen wird, nur zu nehmen, wechseln sie hier in die Geberrolle“, sagt Barbara Meyer bei einem Rundgang durch die Werkstätten der „S27“ in Kreuzberg. Die Geschäftsführerin verweist damit auf die Objekte, die minderjährige Geflüchtete in den Werkstätten herstellen. Die Jugendlichen würden häufig alte Gegenstände zu neuen umfunktionieren, erzählt sie. Diesen Prozess der „Transformation“ würden sie nicht nur vor Ort, sondern bereits seit ihrer Ankunft in Berlin durchlaufen.

Am 1. Juni ist das Pilotprojekt „Karussell-Lernwerkstätten“, bei dem unbegleitete, minderjährige Geflüchtete an verschiedenen handwerklichen Schulungen und an Deutschkursen teilnehmen können, gestartet. In sechswöchigen Zyklen erlernen die Jugendlichen von Künst­le­r*in­nen und Gesell*innen, wie sie mit Holz arbeiten, eigene Leinwände bespannen und bemalen, und bekommen Unterstützung beim Übergang in die Schule oder Ausbildung.

„Wir wollen den Jugendlichen einen Ort geben, wo sie ankommen, zusammen leben, kochen und ihre Freizeit gestalten können“, sagt Meyer zu Jugendsenatorin Katharina Günther-Wünsch, die am Dienstagnachmittag gemeinsam mit ihrem Staatssekretär Falko Liecke (beide CDU) die Einrichtung an der Schlesischen Straße 27 besucht.

Im vergangenen Jahr kamen über 3.200 unbegleitete minderjährige As­yl­suchende nach Berlin – Tendenz steigend. Nach ihrer Ankunft heißt es für die minderjährigen Flüchtlinge erst einmal monatelang auf ihr Erstgespräch bei der Senatsjugendverwaltung warten. Erst danach können sie einen Asylantrag stellen und auf einen Platz in einer Berliner Schule hoffen. Für die Zeit des Wartens hat die S27 die kreativen Lernwerkstätten geschaffen.

Zusammenhang mit Jugendgewaltgipfel unklar

Die Werkstätten sind Teil der Maßnahmen, die im Zuge des Jugendgewaltgipfels im Februar, der nach den Silvesterkrawallen ins Leben gerufen wurde, gestärkt werden sollen. „Wir wollen flexible und leicht zugängliche Angebote für Jugendliche von Schule zu Beruf stärker fördern“, sagt Senatorin Katharina Günther-Wünsch beim Rundgang.

Bis Anfang kommenden Jahres sollten die derzeit 40 Plätze auf 80 verdoppelt werden. Anderthalb Millionen Euro sind in der Haushaltsplanung für die Jahre 2024 und 2025 zur Stärkung der Jugendberufshilfe angesetzt. Davon soll auch die S27 profitieren. Laut Geschäftsführerin Meyer sei ein Ausbau des Angebots schon wegen der hohen Zahl der Anfragen sinnvoll. „Es ist viel mehr Potenzial da, als gedacht.“ Die Suche nach einem zusätzlichen Gebäude laufe bereits, sagt Meyer.

Neben der Lernwerkstätten für schulpflichtige Jugendliche gehört noch die Bildungsmanufaktur zum Angebot der S27. Geflüchteten über 18 Jahren soll damit der direkte Anschluss in den Beruf ermöglicht werden. Angeleitet von Künstler*innen, Hand­wer­ke­r*in­nen und De­si­gne­r*in­nen setzen die Geflüchteten in verschiedenen Werkstätten und Stadtlaboren über mehrere Monate eigene Ideen in die Praxis um und erhalten am Ende ein Zertifikat der Handwerkskammer.

Was genau das Projekt für unbegleitete minderjährige Geflüchtete mit Maßnahmen gegen Jugendgewalt zu tun hat, beantworten Günther-Wünsch und ihr Staatssekretär bei ihrem Besuch nicht.

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