Prozess gegen Donald Trump in New York: Unschuldslamm im blauen Anzug

Im Schweigegeldverfahren gegen Ex-US-Präsident Trump gibt es die Eröffnungsplädoyers. Anklage und Verteidigung bieten gänzlich unterschiedliche Sichten.

Eine Zeichnung zeigt Donald Trump auf der Anklagebank

Gerichtszeichnung aus New York. Trump schüttelt ab und an den Kopf, als die Anklage ihr Plädoyer hält

WASHINGTON taz | Es ist so weit. Der mit Spannung erwartete Schweigegeldprozess gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump hat begonnen. Das historische Strafverfahren startete am Montagnachmittag New Yorker Ortszeit mit den Eröffnungsplädoyers der Staatsanwaltschaft und Verteidigung, nachdem in der vergangenen Woche eine zwölfköpfige Jury ausgewählt worden war. Der erste jemals gegen einen Ex-Präsidenten geführte Strafprozess könnte enorme politische Bedeutung haben, vor allem in einem Wahljahr wie 2024.

„Ich bin der Spitzenkandidat … und deshalb versuchen sie, mich aus der Spur zu bringen“, sagte Donald Trump gegenüber Pressevertretern, die sich im Gerichtsgebäude versammelt hatten. Der 77-Jährige bleibt bei seiner Auffassung, dass es sich bei dieser und allen anderen Anklagen gegen seine Person um einen politischen Schachzug der Demokraten und Präsident Joe Biden handelt.

Trump, der in der Schweigegeldaffäre auf „nicht schuldig“ plädiert hatte, sieht sich mit insgesamt 34 Anklagepunkten konfrontiert. Darunter die Fälschung von Geschäftsunterlagen, um eine Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zu vertuschen. Insgesamt soll Trump Dokumente gefälscht haben, um Zahlungen in Höhe von 420.000 US-Dollar zu vertuschen.

Laut Trumps Team haben diese Anschuldigungen jedoch wenig mit der Realität zu tun. Er selbst beschrieb den ihm vorgeworfenen Versuch der Vertuschung als eine „Lappalie“ und einen „Buchhaltungsfehler“.

„Eine koordinierte, langjährige Verschwörung“

Ganz anderes sieht es die Staatsanwaltschaft. Laut ihrem Eröffnungsplädoyer war die Schweigegeldzahlung Teil eines Komplotts, um die Präsidentschaftswahl 2016 gegen Hillary Clinton zu beeinflussen.

„Dies war eine geplante, koordinierte, langjährige Verschwörung zur Beeinflussung der Wahl 2016, um Donald Trump durch illegale Ausgaben zu seiner Wahl zu verhelfen und Menschen zum Schweigen zu bringen, die etwas Schlechtes über sein Verhalten zu sagen hatten“, sagte Staatsanwalt Matthew Colangelo.

Trump schüttelte während des Eröffnungsplädoyers der Staatsanwaltschaft immer wieder den Kopf. Auf Fotos und in Zeichnungen aus dem Gerichtssaal ist ein selbstsicherer, wenn auch genervter Trump zu sehen.

Für beide Seiten geht es in den kommenden Tagen und Wochen darum, die Jury von der Schuld beziehungsweise Unschuld des Ex-Präsidenten zu überzeugen. Bei einer Verurteilung könnte Trump eine Gefängnisstrafe von bis zu vier Jahren erhalten. Auch wenn es als äußerst unwahrscheinlich gilt, dass Trump tatsächlich in Haft kommt: Seiner Kandidatur um das Präsidentenamt in diesem Jahr würde auch dies keinen Abbruch tun.

Verleger: Negative Artikel über Trump verschwinden lassen

Allerdings könnte eine Verurteilung ihn die ein oder andere Stimme kosten. Laut Umfragen würden knapp die Hälfte aller unabhängigen und ein Viertel aller republikanischen Wähler nicht für Trump stimmen, wenn dieser verurteilt werden sollte.

Noch vor dem Start der Anhörung rief Trump seine Anhänger dazu auf, friedlich gegen das Vorgehen der Justizbehörden zu protestieren. Seiner Meinung nach missbraucht Präsident Biden das US-Justizsystem als politische Waffe, um gegen ihn vorzugehen. Die Anzahl der Demonstranten und Trump-Anhänger vor dem Gerichtsgebäude hielt sich aber trotzdem in Grenzen.

Neben den Eröffnungsplädoyers hörten die Juroren auch den ersten Zeugen, den ehemaligen Verleger des Boulevardmagazins The National Enquirer, David Pecker. Dieser bestätigte, dass das Magazin gegen Bezahlung Artikel verschwinden ließ. Laut Staatsanwaltschaft soll Pecker im Wahljahr 2016 die Rechte an negativen Geschichten über Trump erworben haben, um sie dann verschwinden zu lassen. Er sei somit Teil der Verschwörung gewesen.

Die Verteidigung argumentierte, dass dies ein ganz normales Vorgehen in einem Präsidentschaftswahlkampf sei. Trump-Anwalt Todd Blanche erklärte, dass sein Mandant lediglich versucht habe, „seine Familie, seinen Ruf und seine Marke zu schützen“. „Das nennt man Demokratie. [Die Staatsanwaltschaft] hat dieser Idee etwas Unheimliches verliehen, als wäre es ein Verbrechen. Sie werden lernen, dass das nicht der Fall ist“, sagte er zu den Juroren.

Der wichtigste Kronzeuge in dem Fall ist Trumps ehemaliger Vertrauter Michael Cohen. Dieser bekannte sich bereits 2018 schuldig und verbrachte drei Jahre hinter Gitter. Nachdem der erste Prozesstag etwas kürzer war als erwartet, soll es bereits am Dienstag weitergehen.

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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