Spannungen in Jerusalem: Neue Jeschiwa sorgt für Unruhe

Eine Siedlerorganisation finanziert eine Talmudschule in einer belebten Einkaufs- und Geschäftsstraße – im palästinensischen Teil Jerusalems.

Junge Israelis am Jerusalem-Tag in der Altstadt. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Der Gebäudekomplex der Ostjerusalemer Post gegenüber dem Blumentor zur Altstadt droht zum Brennpunkt neuer Zusammenstöße zu werden. Gut zwei Dutzend israelische Talmudschüler richten sich jüngst in den Räumen ihrer neuen Jeschiwa ein.

Sie liegt in der Saladin-Straße, einer der belebtesten Einkaufs- und Geschäftsstraßen im palästinenischen Teil Jerusalems. Auf dem Dach weht die israelische Flagge. „Die sind vor ein paar Wochen hier eingezogen“, berichtet Nachbar Khaled Mahandes, der ein paar Meter von der Post entfernt wohnt.

„Stärke Jerusalems“ soll die Jeschiwa heißen und zunächst Raum für 30 junge Männer bieten, die im Verlauf ihres Vorbereitungsjahrs auf die Armee je eine bis zwei Wochen zum Talmud-Studium kommen. Den frommen Studenten stehen Studienzimmer, Esssaal, Küche, Wasch- und Schlafräume links im Erdgeschoss zur Verfügung. Wachposten aufzustellen ist hier nicht nötig. Im gleichen Gebäude ist das Polizeihauptquartier des Bezirks untergebracht.

Noch keine sechs Wochen ist es her, dass der letzte von den USA vermittelte Versuch einer Annäherung zwischen Israel und den Palästinensern im Sande verlief. Die Ruhe, warnte der israelische Generalstabschef jüngst, sei Illusion: „Jeder Funke kann ein Feuer auslösen.“ Nicht zum ersten Mal würden gescheiterte Gespräche in eine Gewaltwelle münden.

Aggressive Übergriffe nehmen wieder zu

Aggressive Übergriffe nehmen wieder zu. Vor allem radikale Siedler fühlen sich motiviert durch die politischen Entwicklungen, denn mit dem Scheitern der Friedensgespräche müssen sie nicht länger Evakuierungen fürchten. Immer dreister gehen sie gegen Nichtjuden vor, um sie aus dem Heiligen Land zu vergraulen. Zerstochene Autoreifen, brennene Olivenbäume und Hassgraffitis gehören zu ihrem Standardrepertoire, das unter dem Begriff „Preisschild“ läuft. Auch auf dem Tempelberg kommt es wieder häufiger zu Unruhen, wobei die Provokateure auch unter palästinensischen Jugendlichen zu finden sind.

In dem Komplex in der Saladin-Straße, der einst jordanische Beamte beherbergte, ist außer der Post und der Polizei noch Bezeq, Israels ältesteTelefongesellschaft, untergebracht. Alle drei Einrichtungen dienen der lokalen Bevölkerung. Der Einzug der Jeschiwa-Studenten hingegen stört die Anwohner.

Anwohner befürchten eine Situation wie in Hebron

„Eines Tages wird es hier so sein wie in Hebron“, fürchtet Nachbar Mahandes. In Hebron wird die Schehade-Straße am Grab von Stammvater Abraham/Ibrahim von israelischen Soldaten bewacht. Palästinenser dürfen nur mit Sondergenehmigung durch. Dutzende Geschäfte mussten schließen.

In der Saladin-Straße könnte nun das Gleiche passieren, fürchtet Mahandes, wenn die palästinensischen Anwohner mit Straßensperren und Militärwachen immer mehr eingeengt werden. Der 52-Jährige zweifelt nicht daran, dass es zu Unruhen kommen wird. „Sie werden uns tyrannisieren“, warnt er.

Finanziert wird die Jeschiwa von der Siedlerorganisation Ateret Cohanim, die für eine Judaisierung Ostjerusalems eintritt. Wichtigster Geldgeber beim Ankauf von Häusern und Grundstücken aus palästinensischer Hand ist der US-Geschäftsmann Irving Moskowitz, der auch für den Kauf der Räume im Posthaus eine erhebliche Summe gespendet haben soll. „Dieses Haus ist mit Gewalt der Besatzung in Besitz genommen worden“, urteilt der Jerusalemer Scheich Asam al-Khatib. Er appelliert an die Solidarität der Regierungen, „vor allem in Jordanien“.

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