Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga: Wilde Sause

RB Leipzig und der FC Bayern München erkämpfen sich im Spitzenspiel jeweils einen Punkt. Im Mittelpunkt stehen freilich Personaldiskussionen.

Kurz vor knapp: Leipzigs Sesko (r.) und Bayerns Laimer im Duell vor dem Tor.

Kurz vor knapp: Leipzigs Sesko (r.) und Bayerns Laimer im Duell vor dem Tor Foto: dpa

In der Nachspielzeit waren es die Torhüter, die das Unentschieden zwischen RB Leipzig und Bayern München retteten. Erst hielt Janis Blaswich einen Kopfball von Eric Maxim Choupo-Moting fest, dann bekam Sven Ulreich außerhalb des Strafraums gerade noch den Fuß an den Ball, den Benjamin Sesko an ihm vorbei legen wollte. Es waren die Schlussakkorde eines in Teilen wilden Spitzenspiels, das am Ende leistungsgerecht 2:2 (2:0) endete.

„In der ersten Halbzeit waren wir nicht gut“, sagte Bayern-Coach Thomas Tuchel. „Wir haben die Tore durch individuell schlampiges Verteidigungsverhalten bekommen. Der Biss und die Emotionalität haben gefehlt.“ Leipzig ging mit den Torschüssen Nummer zwei und drei durch Lois Openda (20.) und Castello Lukeba (26.) in Führung. Nach dem Seitenwechsel bauten die Leipziger den Rekordmeister dann auf: Bei einem Freistoß bekam Benjamin Henrichs den Ball an den Ellenborgen, den fälligen Elfmeter verwandelte Harry Kane (57.). Die Bayern waren nun drückend überlegen, auch wenn aus dem Ballbesitz heraus Ideen fehlten.

Es waren erneut die Leipziger, die einluden. Nach einer Ecke verteidigte RB nicht konsequent genug, und Jamal Musiala lief durchs Mittelfeld, passte klug auf Leroy Sané (70.), der zum Ausgleich traf. „Es ging hoch und runter, es war ganz viel drin“, sagte Marco Rose. „Am Ende glaube ich, dass es eine gerechte Punkteteilung ist.“ Die Bayern sind dank einer Leistungssteigerung nach der Pause mit einem blauen Auge davon gekommen.

„Es ging schon auch um Stolz, eine Reaktion und darum, Charakter zu zeigen“, sagte Tuchel. Für den Rekordmeister dürfte Ligatitel Nummer 34 kein Selbstläufer werden. Leipzig spielt trotz Kaderumbruch stabil erfolgreich, Bayer Leverkusen ist aktuell das neue Lieblingsteam aller Fußballnerds, und irgendwie hat sich auch Borussia Dortmund in die Spitzengruppe gemogelt. Wird der Meisterkampf also enger, Herr Tuchel? „Klar, kann das sein“, antworte der Trainer. „Die Mannschaften spielen gut, sehr gefährlich und sehr erfolgreich.“

Boateng zu Bayern?

Die Aufregung rund um das Spitzenspiel wurde noch überschattet von zwei Personalien. Da ist zum einen Jérôme Boateng, der laut übereinstimmender Medienberichte vor einer Rückkehr zu den Bayern stehen soll, um dort kurzfristig die Abwehrlöcher zu stopfen. Sportlich mag das sinnvoll sein, schließlich kennen sich beide Seiten aus zehn Jahren gemeinsamer Arbeit.

Thomas Tuchel, Bayerntrainer über Halbzeit eins

„Biss und Emotionalität haben gefehlt“

Moralisch wäre der Schritt fraglich, nachdem gegen Boateng noch immer ein Verfahren wegen Körperverletzung an seiner ehemaligen Lebensgefährtin anhängig ist. Für Schlagzeilen sorgte auch ein Interview Boatengs mit der Bild-Zeitung, in dem er einer anderen Ex-Partnerin Alkoholprobleme und die Zerstörung seiner Beziehung zur Mutter seiner Kinder vorwarf. Das Interview sorgte zwar für Kritik am Boulevardblatt, viele Fans übernahmen das Narrativ Boatengs aber. Wenige Tage nach der Veröffentlichung nahm sich die Ex-Freundin seinerzeit das Leben.

Und dann steht da noch die Personale Max Eberl im Raum. Der Geschäftsführer Sport wurde einen Tag vorm Spitzenspiel bei RB Leipzig entlassen. „Das Ganze war ein langer Prozess, hat sich über vielen Wochen und Monate hingezogen“, sagte Johann Plenge, einer von zwei verbliebenen Geschäftsführern bei RB. „Im April und Mai hätten wir uns ein paar klare Worte gewünscht.“ In dieser Zeit hatten bei den Bayern Hasan Salihamidžić und Oliver Kahn gehen müssen. Eberl geriet als Nachfolger ins Gespräch. Schließlich lebt er in München, die Bayern sind sein Jugendverein und mit De-facto-Chef Uli Hoeneß ist er dicke Tinte.

Eberl unterließ es also, sich klar zu RB zu bekennen. Er schwieg sich gewissermaßen weg. In seinen 23 Jahren bei Borussia Mönchengladbach schoss er mehrfach gegen die aktuellen Entwicklungen im Fußball Allgemeinen und gegen RB Leipzig im Besonderen. Bei Leipzig angekommen, umgeben von Red-Bull-Logos, frage er dann: „Ist diese totale Vermarktung der richtige Weg?“

Eberl galt mal als moralisch integer, verspielte zuletzt aber viele Sympathien. Die große Frage ist: Wollen ihn die Bayern überhaupt? Und wie wäre das den Fans zu vermitteln? Einst hatte die Münchner Kurve „Koan Neuer“ plakatiert, als Zeichen der Ablehnung gegen den ehemaligen Schalke-Ultra Manuel Neuer. Jetzt wäre es vielleicht zwei für „Koan Boateng“ und „Koan Eberl“, oder?

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