Streikende Erzieher:in­nen bei Verdi: „Kita-Kleber“ wollen mehr Lohn

Er­zie­he­r:in­nen bei Verdi haben in Berlin eine „Mahnwache gegen den Kita-Notstand“ abgehalten. Der nächste Warnstreik steht bevor.

In einer Berliner Kita hängen Jacken an einer Gaderobe.

An Berliner Kitas wie dieser gibt es nicht genug Plätze zur Kinderbetreuung Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN taz | Den Filterkaffee und die Wurst- und Käsestullen haben sich die Kita-Mitarbeiter:innen auf jeden Fall verdient: Nach ihrer Streikdemonstration durch Mitte am Donnerstagvormittag kommen die Verdi-Mitglieder im sechsten Stock des Gewerkschaftsgebäudes unweit des Ostbahnhofs zur Nachbesprechung zusammen. Zuvor hatten sie bereits eine „Mahnwache gegen den Kita-Notstand“ abgehalten.

Wer bei Mahnwache an stilles Innehalten denkt, liegt allerdings falsch. Nach ihrem Protest vor dem Bundeskanzleramt um 8 Uhr morgens marschierte die Gruppe zu vier verschiedenen Ministerien. Im Gepäck hatten sie Briefe, adressiert an die Bundesministerien für Bildung, für Familie und Jugend sowie für Arbeit und Soziales und für Finanzen.

Darin hatten die Streikenden ihre Forderungen aufgeschrieben: Lohnerhöhungen von 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro; 200 Euro mehr für Auszubildende und 300 Euro Stadtstaatenzulage. Doch ebenso wie das Wetter war auch der Empfang in den Ministerien eher frostig. „Keiner wollte unsere Briefe annehmen“, sagt eine Teilnehmerin enttäuscht. „Wir waren überall angemeldet, die wussten, dass wir kommen“, ergänzt eine andere. Mit etwas Beharrlichkeit seien sie ihre Post am Ende trotzdem überall losgeworden.

„Wir wollen endlich gehört werden“, sagt Sabine Lehmann, die als Erzieherin mit dem Schwerpunkt Integration in einer Lichtenberger Kita arbeitet. Sie wünscht sich, dass ihr Beruf endlich anerkannt und gewürdigt wird.

Tausende fehlende Kita-Plätze

Die Erzieher:in­nen haben allen Grund zur Wut: Wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung hervorgeht, mangelt es in Berlin und Brandenburg an zehntausenden Kitaplätzen. Rund 20.000 Plätze fehlen in der Hauptstadt, in Brandenburg sind es 6.000. Familien müssen daher lange warten, bis sie einen Betreuungsplatz ergattern. Sind die Sprösslinge dann untergebracht, hapert es wegen des Fachkräftemangels oft an einer kindgerechten Betreuung.

Besonders der Nachwuchs lässt sich immer weniger von dem Beruf überzeugen, sagt Sabine Lehmann: „Viele Praktikanten geben auf, viele Erzieher wechseln ihren Beruf.“ Manche würden auch nach Brandenburg gehen, wo die Bezahlung besser sei. In ihrer Kita in Lichtenberg ist sie mit besonderen Problemen konfrontiert. „Wir haben viele Kinder mit Migrationshintergrund“, erzählt sie. „Wir nehmen selbstverständlich alle auf, aber wir kommen an unsere Grenzen.“ Besonders die Sprachbarriere und die Verständigung mit den Eltern seien schwierig.

Auf der Nachbesprechung zeigen sich die Er­zie­he­r:in­nen zufrieden – und blicken schon auf den nächsten Streik. Für den 6. und 7. Dezember rufen Verdi, GEW und die Gewerkschaft der Polizei zu einem zweitägigen Warnstreik auf. Mit einem Augenzwinkern überlegen sich die Streikenden am Donnerstag bereits neue Protestformen für mehr Aufmerksamkeit – es fällt das Schlagwort „Kita-Kleber“. Aber kitagerecht mit Pritt-Klebestift.

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