Streit über Verträge von Rettungskräften: Für die Retter tickt die Uhr

Gewerkschaft Ver.di fordert die Entfristung von Rettungskräften bei der Feuerwehr. Die Leitung will sie aber nur aber lediglich bis 2020 beschäftigen

Müssen so oft ausrücken wie nie: Hamburger Feuerwehrleute. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Hamburgs Feuerwehr geht auf dem Zahnfleisch: 280.473 Mal mussten die staatlichen Löscher im vergangenen Jahr zu Bränden, technischen Hilfeleistungen oder Rettungseinsätzen ausrücken, durchschnittlich 770 Mal am Tag. Das ist Höchststand. „Deshalb verstehen wir überhaupt nicht, dass über 100 KollegInnen des Rettungsdienstes sachgrundlos nur befristet eingestellt sind und die Feuerwehrleitung jegliche Entfristung konsequent ablehnt“, sagt Sieglinde Frieß, Feuerwehr-Fachsekretärin der Gewerkschaft Ver.di.

Bereits vor Jahren habe die Feuerwehr-Leitung selbst festgestellt, dass nach eigenen Risikobewertungen bis zu 600 Stellen im Einsatzdienst fehlten. Jetzt hätten die Einsatzzahlen alles übertroffen und einen Rekord erreicht. Das bedeute, dass noch mehr Beschäftigte gebraucht würden, argumentiert Frieß. Die Folge davon sei, dass Feuerwehrleute – dazu gehören auch die Beschäftigten im Rettungsdienst – immer wieder ihre Belastungsgrenze überschreiten müssten. Trotzdem sei die Gefahr für die BürgerInnen gestiegen. „Wenn nicht jetzt, wann dann sollen die Beschäftigten im Rettungsdienst eine Entfristung erhalten?“, fragt Frieß. Es sei unverantwortlich, Rettungsassistenten und -sanitäter in unsicheren Arbeitsverhältnissen zu halten und gleichzeitig immer mehr Arbeitsleistung zu erwarten, sagt Frieß. „Befristung ist immer inhuman und perspektivlos und für den Einsatzdienst kontraproduktiv.“

Feuerwehrsprecher Jan Ole Unger nennt die Ver.di-Forderung nach pauschaler Entfristung „unredlich“. Es sei zwar richtig, dass neben den verbeamteten multifunktionellen Feuerwehrleuten derzeit 170 angestellte Rettungsassistenten und -sanitäter eingestellt worden seien. Die brauche man, um temporären Aufgaben auch wegen der Flüchtlingszahlen gerecht zu werden und Lücken zu schließen, die durch Qualifizierungsmaßnahmen für die Feuerwehrbeamten entstehen. „Diese Maßnahme läuft aber 2020 aus“, sagt Unger. Geplant seien aktuell 65 Entfristungen, so Unger. Und: „Es besteht für alle die Möglichkeit, sich für eine Ausbildung zum multifunktionellen Feuerwehrbeamten auf Lebenszeit zu bewerben.“

Es sei zwar im Grundsatz zu begrüßen, dass Feuerwehrchef Klaus Maurer perspektivisch weiter auf eine multifunktionelle Feuerwehr setzt, sagt Frieß. Dadurch sei niemand nur im stressigen und belastenden Rettungsdienst tätig, sondern auch mal im Löschdienst, wo es mehr Bereitschaftszeiten an Feuerwachen gibt – eine Art Verschnaufpause.

Doch eine Ausbildung zur Feuerwehrfrau oder Feuerwehrmann sei aus unterschiedlichen Gründen nicht für alle Rettungs-Angestellten eine Perspektive, erwidert Frieß. Manchen fehlten einfach die beruflichen Voraussetzungen wie beispielsweise eine handwerkliche Ausbildung, andere seien schon zu alt, sagt Frieß. „Die dringend benötigten KollegInnen im Rettungsdienst sind jetzt da“, sagt Frieß. Und eine Feuerwehrausbildung dauere Jahre.

Ein Sprecher der Innenbehörde kündigte auf taz-Anfrage an, dass die Problematik von Befristungen auf der nächsten behördeninternen Feuerwehrrunde Thema sein wird.

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