Streit unter Wirtschaftsweisen: Wasser­stoff auf Mühlen der Kritik

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm steht wegen ihres Mandats bei Siemens Energy in der Kritik. Es ist nicht die einzige Doppelfunktion.

Veronika Grimm faltet die Hände

Am Mittwoch stellte Veronika Grimm das Frühjahrsgutachten 2024 der Wirtschaftsweisen in Berlin vor Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Veronika Grimm sieht in ihrer Doppelfunktion offenbar keinen Interessenkonflikt. „Mein Minderheitenvotum basiert auf zahlreichen Studien“, versuchte die Wirtschaftsweise am Mittwochnachmittag Zweifel an ihrer wissenschaftlichen Objektivität und Integrität wegzuwischen. Ausgelöst wurden die jüngsten Zweifel wegen eines abweichenden Votums Grimms im neuen Frühjahresgutachten der Wirtschaftsweisen.

Im Kapitel um nachhaltigen Güterverkehr schlägt die Mehrheit des Gremiums vor, vor allem auf batteriebetriebene Lkw zu setzen. Grimm jedoch plädiert dafür, auch Wasserstoff nicht außer acht zu lassen. Eine Konzentration auf die Batteriemobilität würde dazu führen, „dass Deutschland im Bereich der Entwicklung von Brennstoffzellen für Mobilitätsanwendungen technologisch, möglicherweise unwiederbringlich, hinter die internationalen Wettbewerber zurückgeworfen würde“, begründet sie das Sondervotum.

Dass Grimm ein Minderheitenvotum geschrieben hat, ist eigentlich nichts Ungewöhnlich. Wären da nicht Posten, die Grimm neben ihrer Tätigkeit als Regierungsberaterin ausübt. Dabei ist sie nicht nur Aufsichtsrätin im Energietechnikkonzern Siemens Energy. Die Energieexpertin, die an der Technischen Uni in Nürnberg lehrt, ist auch Vorständin beim Zentrum Wasserstoff Bayern (H2.B).

Der Freistaat gründete das H2.B 2019 in Nürnberg, „um die starke Position der bayerischen Wirtschaft und Wissenschaft in dem wichtigen Zukunftsfeld Wasserstoff zu festigen und auszubauen“, so das Zentrum auf seiner Homepage. Dafür reiste eine bayerische Delegation auch in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). „Die VAE werden künftig eine wichtige Rolle spielen als Lieferant von blauem und grünem Wasserstoff und Ammoniak nach Deutschland. Demgegenüber exportieren bayerische Unternehmen wie Siemens Energy die erforderliche Technologie zur Energieerzeugung und Umwandlung in Wasserstoff in die Emirate“, verlautbarte damals das H2.B. Dies eröffne neue Märkte.

Beim Trip dabei war auch Professorin Grimm. Das war im Oktober 2021. Also lange bevor die Wirtschaftsweise diesen Februar ihr Aufsichtsratsmandat bei Siemens Energy annahm. Um solche Interessenkonflikte künftig zu vermeiden, möchte die Mehrheit der Wirtschaftsweisen neue Compliance-Regeln einführen.

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