Studie zum Berliner Clubleben: Fragen an die Nachtschwärmer

War im Berliner Clubleben vor Corona eigentlich alles gut? Mit einer Studie will die Clubcommission “Licht ins Dunkel der Berliner Nacht“ bringen.

Eine Discokugel außer Betrieb

Da dreht sich momentan nichts in den Berliner Clubs Foto: dpa

BERLIN taz | In Dänemark können sich Clubbetreiber und Partymenschen freuen. Dort gehen die Corona-Inzidenzen zwar durch die Decke und liegen inzwischen bei um die 4.000. Und trotzdem werden ab Februar die Clubs wieder geöffnet. Mit der Begründung: die Impfquote ist hoch, Omikron nicht so schlimm und irgendwann möchte man eben sein Leben zurück.

In Berlin wird es Voraussicht nach noch ein wenig dauern, bis es wieder ein Nachtleben geben wird, das man auch wirklich so nennen kann. Eine zu schnelle Öffnung ist hier politisch nicht gewünscht. Lutz Leichsenring, Sprecher der Berliner Clubcommission, rechnet damit, dass es um Ostern herum wieder losgehen kann, zumindest auf den Außenflächen der Clubs. Bis dahin, so die allgemeinen Prognosen von Experten, dürfte die aktuelle Coronawelle durchgerauscht sein.

Ob es dann zu keinen weiteren Schließungen mehr kommen wird, besser gesagt: zu keinem Tanzverbot, was ja der eigentliche Grund dafür ist, dass derzeit die Dancefloors in Berlin verwaist sind, kann niemand sagen. Das wird auch davon abhängen, ob die allgemeine Impfpflicht kommen wird oder nicht. Und ob im Herbst nicht doch eine neue schreckliche Mutante auftauchen wird, steht ebenfalls in den Sternen.

Aber gesetzt den Fall, ab Ostern beginnt das wilde Berliner Partyleben tatsächlich wieder und dieses Mal wirklich und hoffentlich auf Dauer: „Wollen wir dann 'back to normal?’“, fragt Leichsenring rhetorisch, „oder 'back to new normal?’ Und wie soll das 'new normal’ aussehen?“

Hilfe: Mit Blick auf die anhaltende Pandemie hat Berlin die Corona-Hilfen für Kulturbetriebe und Medienunternehmen verlängert. Die Soforthilfe IV genannte Unterstützung soll nun in der siebten Auflage bis Ende März 2022 ausgeweitet werden. Die Soforthilfe soll mit Zuschüssen helfen, Liquiditätsengpässe zu überwinden. Dafür werden bis zu 500.000 Euro gewährt. Gefördert werden kleine und mittlere Kulturbetriebe und Medienunternehmen mit einem jährlichen Umsatz von maximal zehn Millionen Euro. Antragsberechtigt sind etwa private Museen, Theater, Kinos oder auch Filmunternehmen und natürlich Clubs.

Studie: „Licht ins Dunkel der Berliner Nacht“ bringen will die Clubcommission mit einer Studie, die sich gleichermaßen an Besucher:innen, Veranstalter:innen, Künst­le­r:in­nen und Personal richtet. Ab Freitag, 28. Januar, ist die Online-Befragung erreichbar unter clubcommission.de/clubsurvey.

Mit anderen Worten: Lief vor Corona im Berliner Clubleben wirklich alles immer nur super? Oder gab es doch mehr Probleme – Stichwort: sexuelle und rassistische Diskriminierung auch in den Clubs – als gedacht? Das möchte man nun herausfinden, um gegebenenfalls Kursänderungen vornehmen zu können. „Es ist nicht alles perfekt“, so Leichsenring, „aber so eine Krise kann ein Nachdenken über bestimmte Probleme auch befördern.“

Und deswegen initiiert die Clubcommission eine große Umfrage, die sich an Partyveranstalter, Clubbetreiber und Szenegänger gleichermaßen richtet, um mehr herauszufinden darüber, wie wichtig den Leuten wirklich ihre Clubs sind, wie sehr sie sie während Corona vermisst haben, auch als „Safe Spaces“, und inwieweit sie denken, dieses oder jenes sollte in Zukunft besser laufen.

„Licht ins Dunkel der Berliner Nacht“ bringen, das ist das selbsterklärte Ziel der Studie, die gemeinsam mit der Universtät Bielefeld und der Technischen Universität Berlin erarbeitet wird. Und von der in zwei bis drei Monaten, so Leichsenring, erste Ergebnisse vorliegen sollen.

Fakten und Zahlen möchte man generieren, so der Pressesprecher weiter. „Vielleicht kommt dabei ja auch heraus, dass Diskriminierung gar kein so großes Thema ist.“

Aber falls doch, habe man etwas in der Hand, um gegebenüber dem Senat argumentieren zu können, dass dieser beispielsweise Ressourcen für Awareness-Schulungen bereitstellen möge. Komme es in einem Club zu einem rassistischen Vorfall, reiche es ja im Normalfall nicht, etwa bloß den Türsteher auszutauschen, so Leichsenring. Meist sei das ein strukturelles Problem und um das in den Griff zu bekommen, brauche es Gelder, über die die meisten Clubs nicht verfügten.

Ein Ziel solle auch sein, mehr Vielfalt in die Berliner Clubkultur zu bekommen. Deswegen, so Leichsenring, hoffe man, mit der Studie auch aus dem migrantischen Milieu ein Feedback zu bekommen.

Damit vielleicht das Berliner Nachtleben nach der großen Krise nicht einfach so weitergeht wie bisher.

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