Styleblog LesMads: Au revoir, Mademoiselle

Jessica Weiß erarbeitete sich mit "LesMads" eine große Fangemeinde. Jetzt verlässt die 25-Jährige das Mode- und Styleblog und geht zu einem Interview-Magazin.

Styleblog LesMads: Mitgründerin Jessica Weiß verlässt das Projekt. Bild: lesmads

BERLIN taz | Das helle Büro von Jessica Weiß sieht etwas chaotisch aus. Ein offener Schuhkarton mit gelben Pumps liegt auf einer Kommode. Auf der breiten Fensterbank, von der aus man auf die Berliner Friedrichstraße, den Bahnhof und das Internationale Handelszentrum blicken kann, häufen sich Souvenirs eines Berufslebens.

Vor ein paar Wochen noch konnte sie hier sitzen und über das erfolgreichste deutsche Modeblog "LesMads" reden, jetzt packt Weiß, 25, ihre Sachen und zieht um.

Sie wird demnächst für den deutschen Online-Auftritt vom Interview-Magazin verantwortlich sein. Julia Knolle, 28, die 2007 zusammen mit Weiß als "LesMads" in Erscheinung trat und das Mode- und Styleblog schon vor einem Jahr verließ, wird Redaktionsleiterin der Vogue Online.

Nun laufen also diesen Freitag die Posts von "Jessie" aus, auf denen sie sich in ihrem "Tagesoutfit" präsentiert, mit Bildern von Modenschauen meldet oder die Nachrichten des Tages, zum Teil aus anderen Blogs, zusammenfasst.

Zwischen dem, was "Jessie" sagt, erscheinen regelmäßig Beiträge von Gastautorinnen, darunter auch ihrer Schwester "Schnati". Drumherum blinkt Werbung und dennoch zeigt die Seite auf recht übersichtliche Art, was sich in der Modewelt tut. Besser anscheinend als andere Blogs zu dem Thema, auch wenn nichts an "LesMads" radikal oder bahnbrechend wirkte.

Katja Schweitzberger, die derzeit noch das Blog "beesandballons" betreibt, soll "LesMads" in Zukunft weiterführen. Eine gute Besetzung, findet Jessica Weiß. Sie hatte ein Wort bei der Wahl mitzureden, aber letztendlich war die Nachfolge eine Entscheidung des Burda-Verlags.

Denn auch wenn "LesMads" wie das Projekt zweier modebegeisterter jungen Frauen wirken sollte, war es ein Burda-Produkt mit zwei fleißigen Zugpferden, die mit viel Engagement und Geschick, aber auch Unterstützung, für die besondere und nötige subjektive Sicht des Blogs sorgten.

Keine schlechte Idee, denn es funktionierte hervorragend. Die Mademoiselles, verkürzt die "LesMads", wirkten gar sympathisch, was ja nicht einfach ist in einem Metier, das oft als zickig und gnadenlos verschrien ist, wie der Modejournalismus.

Viel erfuhr man über "Jessie" nie

Mit der Zeit verlor "LesMads" den Charakter eines Privatprojekts und wurde zur Plattform. Mit Büro im Burda-Sitz, festem Arbeitsverhältnis und festgelegten Urlaubstagen. Weiß' Beiträge lasen sich nicht wie die Neuerfindung des Journalismus, aber sie waren aktuell und vor allem für eine breite Masse interessant.

Außerdem schaffte Weiß es, das Gesicht des Ganzen zu sein und gleichzeitig die eigene Privatsphäre zu wahren. Denn obwohl man, auch das, was Knolle und Weiß voneinander in dem Buch "Modestrecke" preisgegeben haben, kennt - das Gesicht und die in zahlreichen Interviews mantramäßig hervorgebrachte Liebe zur skandinavischen Mode -, wirklich viel erfährt man nie über diese kleine, braunhaarige, sommersprossige "Jessie".

Die schien, trotz ihres Angestelltendaseins, zufrieden: "Freier als hier kann ich nirgendwo arbeiten", meinte Weiß noch im Juni. Sie wolle, wenn sie nicht mehr zufrieden sei, sofort aufhören. Und, nein, als Sprungbrett betrachte sie "LesMads" nicht, sagte sie damals.

"LesMads" war 2010 "bestes Blog"

"Wir haben alles erreicht, was zu erreichen war," begründet Weiß nun den Weggang zum Interview. Ihr Vorgesetzter, der sie zu Burda geholt hat, Heiko Hebig, verlässt ebenfalls den Verlag. "LesMads" könnte man auch ein wenig als sein Werk betrachten.

Tatsächlich hatte die Webseite am Ende etwa 3 Millionen Clicks im Monat, bekam 2010 einen Lead Award als "bestes Blog", wurde zu wichtigen Modenschauen eingeladen.

Für den Webauftritt des Interview-Magazins steht Weiß nun vor der gleichen Herausforderung wie bei den Anfängen von "LesMads", nämlich eine neue Seite im Netz zu prägen. Die geht erst nächstes Jahr online, ein bisschen Zeit also, um sich an eine "Jessie" ohne "LesMads" zu gewöhnen. Oder ein "LesMads" ohne sie.

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