Suizid-Serie bei France Telecom: Konzernumbau in der Warteschleife

Wegen der Suizid-Serie tauscht der französische Telefonkonzern France Telecom seinen Vizechef aus. Interne Versetzungen werden vorerst zurückgestellt.

Klima im Unternehmen Auslöser für die Verzweiflungstaten: Filiale der France Telecom. Bild: dpa

BERLIN taz | Die für gestern und heute geplanten Proteste gegen die Arbeitsbedingungen beim französischen Telefonkonzern France Télécom haben die Gewerkschaften nicht abgesagt. "Wir müssen den Druck erhalten", sagt Arbeitnehmervertreter Xavier Major. Aber es gebe Hoffnung, dass sich das Klima im Unternehmen nach der Suizidserie von Mitarbeitern "nun verbessert" und man über einen Sozialplan verhandeln könne. Anlass für diesen Optimismus ist der am Montag bekannt gegebene Umbau der Konzernspitze: Zwar darf France-Telecom-Chef Didier Lombard seinen Posten mit ausdrücklicher Unterstützung von Wirtschaftsministerin Christine Lagarde behalten, sein Vize Louis-Pierre Wenes muss jedoch gehen. Neue Nummer zwei wird der ehemalige Leiter von Lagardes Büro, Stéphane Richard, den die französische Regierung ab 2011 auch schon als Nachfolger für Lombard sieht. 27 Prozent der France Telecom liegen noch in staatlicher Hand.

In den vergangenen anderthalb Jahren hatten sich 24 Beschäftigte des Unternehmens das Leben genommen, 13 weitere Suizidversuche waren gescheitert. Selbsttötungsanläufe am Arbeitsplatz, Abschiedsbriefe und Erklärungen der Überlebenden deuten darauf hin, dass das Klima im Unternehmen Auslöser für die Verzweiflungstaten waren. Französische Zeitungen zitierten beispielsweise aus den letzten Zeilen eines Telecom-Technikers, es sei "unnötig, anderswo als in meinem Arbeitsalltag bei der France Telecom nach Ursachen zu suchen".

Das Management hatte dagegen zunächst argumentiert, dass die interne Suizidrate nicht höher sei als die in Frankreich insgesamt. Bei der Belegschaft am unbeliebtesten machte sich der nun geschasste Wenes, als er in einem Interview erklärte, die Gewerkschaften nutzten die Suizidserie für eine "monströse Manipulation". Dabei bekomme "ein Teil der Belegschaft den Kulturwandel nicht hin".

Der "Kulturwandel" ist der größte Kahlschlag in der Geschichte des Unternehmens. Im Rahmen der Privatisierung wurden 60.000 Arbeitsplätze abgebaut. Heute arbeiten noch knapp 100.000 Menschen in Frankreich bei France Telecom. Unter der Regie von Wenes wurden Zehntausende zwangsversetzt oder umgeschult. Viele ehemalige Techniker sind heute in Call Centern beschäftigt.

Um Ruhe in das Unternehmen zu bringen, hat Lombard angekündigt, alle internen Versetzungen bis Ende des Jahres zurückzustellen. In dieser Zeit muss sein neuer Stellvertreter seine Rolle finden.

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