Tennismode wird pink: Machos mit rosa Fingernägeln

Bei einem Tennisverein im Berliner Osten hat die umfassende Pinkisierung schon lange vor dem aktuellen „Barbie“-Film eingesetzt.

Zu sehen sind die weißen Schuhe und die weißen Socken eines hochspringenden Tennisspielers

Traditionell hat der Tennissport weiß zu sein: Wimbledon, 2023 Foto: Zac Goodwin/dpa

Die Farbe des Tennissports ist Weiß. In Wimbledon ist auf den Plätzen immer noch kein anderer Farbton für die Klamotten der Spieler und Spielerinnen zugelassen. Wegen der Tradition, heißt es. Auch in Berlin gibt es bei zwei großen, reichen und teuren Tennisvereinen im Westen der Stadt noch diese Weißpflicht für Mitglieder. Schon auch deswegen, um sich abzuheben von den anderen, weniger exklusiven Klubs, die diesen verzweifelten Versuch, ein wenig distinguiert zu wirken, ziemlich lächerlich finden dürfen.

In meinem Tennisverein im Osten Berlins, im Bezirk Friedrichshain, muss niemand in Weiß spielen. Man kann schon froh sein, wenn die Leute überhaupt etwas anhaben auf dem Platz. Besonders für ein ganz spezielles Brüderpaar gilt das. Die beiden spielen am liebsten mit freiem Oberkörper. Am Anfang gab es noch ein paar mürrische Stimmen, die meinten, das sei ja wohl der endgültige Verfall auch der letzten Tenniskonventionen. Aber letztlich setzte sich dann allgemein die Position durch: Die Brüder sollen einfach machen dürfen, was sie machen wollen.

Zu ihrem speziellen Look auf dem Platz gehörte immer schon auch das Tragen von pink Shorts. Zwei ständig oberkörperfreie Heteromachos in Pink, das ließ das Heteromachotum schnell ein wenig selbstironisch wirken. Ein Stück weit hat diese Erkenntnis, dass sich mit Pink Zuschreibungen und Klischees ganz offensichtlich auch brechen lassen, dazu geführt, dass wir insgesamt zum Verein Pink wurden. Und das schon lange bevor wegen dieses Blockbusters, der gerade die Kinos überschwemmt, die Farbe Rosa alle zum Durchdrehen brachte.

Frank Zander, der ein Faible für Pink und Hertha BSC hat – von ihm stammt die Vereinshymne „Nur nach Hause (geh’n wir nicht)“ –, verkündete vor Kurzem seinen Abschied von der Bühne als Sänger. Seine traditionelle große Weihnachtsparty für Berliner Obdachlose will der 81-Jährige aber weiterhin schmeißen.

Los ging diese Transformation damit, dass die beiden Brüder vor acht Jahren ein Spaßturnier organisierten: den ­Elfer-Cup. Elfer trägt man in den Klubs normalerweise dann aus, wenn man sich bereits ein wenig gegenseitig die Bälle zugespielt hat, aber noch nicht mit einem richtigen Match mit Aufschlägen und allem Drum und Dran beginnen möchte. Man spielt hierbei einmal den Ball locker übers Netz, bekommt ihn dann genauso locker zurück, und ab dann darf man draufgehen, wie man möchte, und der Punkt wird ausgespielt. Wer zuerst elf Punkte hat, der hat gewonnen.

Alkoholkonsum ist Pflicht

In der Praxis zeigte sich dann schnell, was für eine tolle Idee es war, mal kein übliches Turnier mit althergebrachten Regeln zu veranstalten, sondern so einen Elfer-Cup, der nicht von irgendwelchen Tennistraditionen belastet ist, sondern vom ganz speziellen Alles-ist-erlaubt-Prinzip, dem sich die beiden Brüder verpflichtet fühlen. Mitmachen darf, wer mag; Spielstärke und Geschlecht sind völlig egal. Alkoholkonsum während der ganzen Veranstaltung ist Pflicht. Und ständig plärrt überlaute und im Normalfall schlechte Musik nach dem zweifelhaften Geschmack der Brüder über die Plätze.

So lief es auch beim diesjährigen Elfer-Cup am letzten Wochenende wieder. Erleben konnte man dort einmal mehr, welche bizarren Ausmaße die Pinkifizierung der ganzen Veranstaltung über die Jahre angenommen hat. Pink war, wie immer, die Siegerfarbe. Die beiden Finalisten des Cups bekamen deswegen, wie jedes Jahr, pinke Shorts überreicht. Aber auch wer nie etwas gewann und wahrscheinlich auch nie etwas gewinnen wird, lief auch als Typ gerne mit irgendwas in Pink auf, und sei es bloß mit rosa lackierten Fingernägeln.

Seit ein paar Jahren haben wir sogar einen passenden Wanderpokal, der feierlich an den diesjährigen Sieger weitergereicht wurde: einen pinkfarbenen uralten Holzschläger, beglaubigt aus dem Besitz von niemand Geringerem als der in Berlin weltberühmten Schlagergröße Frank Zander. Es gibt sogar ein Beweisfoto: Frank Zander ist ungelogen mal mit einem pinken Racket auf einem Tennisplatz gestanden. Sogar die Besaitung von dem Ding ist pinkfarben.

Zander ist ja auch eher so der kernige Typ; echter Kerl mit Herz, das ist sein Image. Aber auch er hatte oder hat immer noch ganz offensichtlich eine heimliche Schwäche für die Farbe Pink – schon lange vor diesem Kinofilm.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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