Termin für Wahlwiederholung in Berlin: Nach Weihnachten ist Wahlkampfzeit

Voraussichtlich am 12. Februar soll die Abgeordnetenhauswahl wiederholt werden. Senator Geisel (SPD) übersteht Rücktrittsgesuche aus der Opposition.

Das Foto zeigt eine Schlange wartender Wahlwilliger vor einem Wahllokal.

Das soll sich nicht wiederholen: Langes Anstehen vor einem Berliner Wahllokal am 26. September 2021 Foto: dpa

BERLIN taz | Das Programm für die nächsten Monate ist seit der Abgeordnetenhaussitzung am Donnerstag klar: Erst Fußball-WM, dann Weihnachten – und dann die heiße Wahlkampfphase für eine Wahlwiederholung am 12. Februar 2023. Das ist der mutmaßliche Termin für eine Wiederholung der Wahl auf Landes- und Bezirksebene vom 26. September 2021. Denn die SPD-Fraktion machte gleich zu Sitzungsbeginn öffentlich: Das Verfassungsgericht werde am 16. November sein Urteil zu den damaligen Wahlpannen verkünden, passenderweise am Buß- und Bettag. Maximal 90 Tage später muss es dann zur Wiederholung kommen. Wegen Feiertagen und Ferien gilt allein der anders als bei normalen Wahlen nicht vom Senat, sondern vom Landeswahlleiter festzulegende Termin Mitte Februar als plausibel.

Der SPD-Abgeordnete Chrsitian Hochgrebe war schon einige Minuten in seiner Rede zum Bericht jener Expertenkommission, die die Wahlpannen aufarbeitete, als er mehr oder minder en passant den 16. November erwähnte. Demnach wird dann das Landesverfassungsgericht urteilen – und höchstwahrscheinlich seine bisherige Einschätzung bestätigen, dass es zu einer kompletten Wiederholung der Wahl vom 26. September 2021 kommen muss. Knapp eine Stunde später bestätigte das Gericht den Termin per offizieller Pressemitteilung.

Vergangene Woche hatte Gerichtspräsidenten Ludgera Selting bei der mündlichen Verhandlung kaum Zweifel daran gelassen, dass es zu einer Wiederholung kommen muss – und zwar anders als bei einem erneuten Urnengang zur Bundestagswahl zu einer Wiederholung in allen Wahllokalen. Die Verhandung war wegen der vielen Beteiligten in einer rund 600 Plätze großen Hörsaal der Freien Universität in Dahlem ausgelagert, was eine Premiere in der Geschichte des Gerichts darstellte

Etwas in den Hintergrund geriet durch die von der CDU als „Respektlosigkeit gegenüber dem Gericht“ bezeichntete SPD-Termin-Info die Debatte über die Zukunft von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). Der war am 26. September 2021 noch Chef des Innenressorts, dem Gerichtspräsidentin Selting erhebliche Verantwortung für die Wahlpannen zugemessen hat. CDU, FDP und AfD haben seither Rücktritt oder Entlassung gefordert. Aber auch Grüne und Linke äußerten sich direkt nach der Einschätzung des Gerichts kritisch gegenüber dem Senatsmitglied ihrer Koalitionspartners. Von der SPD selbst hieß es damals gegenüber der taz: „„Dazu gibt es nichts zu sagen.“

Wegen Feiertagen und Ferien gilt allein der vom Senat festzulegende Termin Mitte Februar als plausibel

Erst am frühen Mittwochabend, eine Woche später, äußerte sich die Regierende Bürgermeisterin und SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey klar dazu: „„Ich stehe voll hinter Andreas Geisel“, sagte sie dem RBB. „Ich sehe nicht, dass es irgendeinem in der Stadt hilft, jetzt einer Person dafür die volle Verantwortung zu geben.“ Zudem werde Geisel aktuell als Stadtentwicklungssenator für den Wohnungsneubau dringend gebraucht.

Vergebliche Attacken gegen Geisel

Auf der Tagesordnung des Abgeordnetenhaus standen am Donnerstag zwei vergeblich verlaufende Versuche, Geisel abzusägen: Erst direkt nach der Rederunde über den Expertenbericht ein Antrag der AfD-Fraktion, ihn zu missbilligen – was eine Art symbolische Ohrfeige durch das Parlament gewesen wäre. Diesem Antrag widersprachen nicht nur die Koalitionsfraktionen, sondern auch die Abgeordneten von CDU und FDP.

Der zweite Anlauf bestand in einem CDU-Antrag, Regierungschefin Giffey solle den Senator entlassen. „Wenn Herr Geisel an seinem Stuhl klebt, dann ist es Ihre Veranwtortung, ihm den Stuhl vor die Tür zu stellen“, sagte CDU-Generalsekretär Stefan Evers Richtung Giffey. Momente vorher hatte er ihr als früherer Bundesministerin attestiert: „Sie kennen sich ja mit Rücktritten aus.“

Ob es an solchem Spott lag oder einer von Evers konstantierten „Verweigerungshaltung“ der SPD: Den CDU-Antrag mochte jedenfalls sonst nur die AfD unterstützen. Die zuvor durchaus Geisel-kritischen Grünen und Linken wollten zwar zu dem Thema lieber nicht ans Rednerpult, blieben aber bei der Abstimmung koalitionstreu. Die FDP wiederum sah die Verantwortung auch auf Bezirksebene und mochte sie nicht nur auf Geisel konzentrieren. Ihr Innenpolitik-Experte Björn Jotzo nutzte seine Rede gleich für eine Bewerbung seiner Partei als SPD-Koalitionspartner: Berlin brauche den Neustart, den Giffey schon 2021 ankündigte, „und genau für diesen Neustart steht die FDP“.

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