USA verändern ihre Kuba-Politik: „Hier dreht Trump das Rad zurück“

Eine Wende, aber keine vollständige. Lateinamerika-Experte Bert Hoffmann über Trumps Abkehr von Obamas Kuba-Politik.

Ein Mann steht auf einem Balkon, an dem eine kubanische und eine US-Fahne hängen.

Das werden künftig weniger US-Amerikaner erleben können: Blick auf einen Balkon in Havanna Foto: dpa

Herr Hoffmann, US-Präsident Donald Trump hat am Freitag eine teilweise Rücknahme von Obamas Politik der Annäherung an Kuba verkündet. Welche Bereiche betrifft das?

Zum einen zielt er auf den Tourismus. Obama hatte die Möglichkeiten für US-Bürger, nach Kuba zu reisen, stark erweitert. Das hatte einen regelrechten Boom ausgelöst. Allein von Januar bis Mai diesen Jahres reisten rund 300.000 US-Bürger auf die Insel. Hier dreht Trump das Rad zurück. US-Bürger werden künftig wieder Reiselizenzen beantragen müssen, Individualreisen werden erschwert. Das wird Viele abschrecken.

Ändert sich noch mehr?

Die zweite Maßnahme untersagt US-Unternehmen jegliche Geschäfte mit Firmen, die dem kubanischen Militär unterstehen. Und das sind auf der Insel sehr, sehr viele. Unter Raúl Castro sind die Streitkräfte zu dem wichtigsten Wirtschaftsblock aufgestiegen. Gerade auch im Tourismus sind sie an vielen Hotels, Jachthäfen oder gastronomischen Einrichtungen beteiligt, die für US-Firmen interessant wären.

Ist damit die US-kubanische Annäherung schon wieder vorbei?

In der emphatischen Form, wie sie Obama begonnen hatte: Ja. Aber Trump lässt Vieles erst einmal auch weiterlaufen. Die Botschaften bleiben, auch die Direktflüge zwischen Kuba und den USA. Sogar US-Kreuzfahrtschiffe dürfen weiter die Insel anlaufen. Und wenn der Bannstrahl jetzt gegen Unternehmen geht, an denen das kubanische Militär beteiligt ist, heißt das ja auch, dass Geschäfte mit anderen staatlichen Firmen in Kuba im Prinzip nicht wieder verboten werden.

ist Lateinamerika-Experte am GIGA German Institut of Global and Area Studies (Hamburg) und Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin.

Wie wird die kubanische Regierung reagieren?

Sie wird betonen, dass sie auf solchen Druck hin nie Konzessionen machen wird. Es wird Gesten geben, die Stärke zeigen sollen – Militärmanöver etwa, wie schon direkt nach der Wahl Trumps zum Präsidenten. Nach innen wird sich der Druck verstärken, die Reihen fest geschlossen zu halten. Spektakuläre Reaktionen erwarte ich aber nicht. Raúl Castro wird erklärtermaßen im Februar 2018 das Amt des Staatspräsidenten abgeben. Bis dahin wird er dramatische Zuspitzungen in den Beziehungen zu den USA vermeiden wollen.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen werden die Maßnahmen auf der Insel tatsächlich haben?

Sie werden Wirkung zeigen, keine Frage. Der Boom im Tourismus aus den USA war der wichtigste Wachstumsmotor – gerade auch, weil die hohe Unterstützung, die Kuba in den vergangenen Jahren von dem verbündeten Ölstaat Venezuela erhalten hatte, inzwischen dramatisch eingebrochen sind. Von dem Anstieg der US-Besucher haben nicht nur die staatlichen Hotels profitiert, sondern auch die vielen privaten Bed & Breakfasts und Restaurants, die in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Das alles sinkt jetzt nicht auf null, aber erhält doch einen spürbaren Dämpfer. Zudem erhöhen sich durch Trumps Rückkehr zu einem konfrontativeren Kurs für alle US-Firmen die Unsicherheiten in allen Geschäften mit Kuba. Große Investitionen sind da zur Zeit nicht zu erwarten. Zumal: Auch Kubas neue Sonderwirtschaftszone im Hafen von Mariel, die Anlaufpunkt für US-Firmen auch jenseits des Tourismus hätte werden können, untersteht der großen Wirtschaftsholding des kubanischen Militärs – und fällt damit unter die neuen Restriktionen Washingtons.

Trump begründet den Schritt unter anderem damit, dass gerade die kubanischen Tourismusunternehmen unter Kontrolle des Militärs stünden. Stimmt das eigentlich?

Ja, da ist leider einiges dran. Unter Raúl Castro sind die Streitkräfte zu dem wichtigsten Wirtschaftsblock des Landes aufgestiegen. Dazu gehört auch das wichtigste Tourismusunternehmen des Landes, Gaviota, dem zahllose Hotels im ganzen Land gehören. Erst im letzten Jahr ging auch noch die Firma, der die meisten Restaurants und Hotels in der kolonialen Altstadt Havannas gehören, an die Holding des kubanischen Militärs über – an deren Spitze übrigens der Schwiegersohn Raúl Castros steht.

Trump löst mit diesem Schritt ja ein Wahlkampfversprechen an die Miami-Kubaner ein. Wie kommt es, dass die alten Hardliner dort immer noch das Sagen haben, wo doch die jüngeren Leute eigentlich ganz andere Einstellungen vertreten?

Zum einen haben die alten Hardliner natürlich politische Macht. Der Exil-Kubaner Marco Rubio war ja ein Konkurrent von Trump im Wahlkampf – und hat dann als Gegenleistung für seinen Schwenk, ihn schließlich doch zu unterstützen, Trumps Zusage bekommen, die Kuba-Poltiik Obamas zumindest ein Stückweit zurückzunehmen. Aber: Die neuen Restriktionen Trumps sind nicht zufällig so gewählt, dass sie die Interessen der Kubano-Amerikaner kaum beeinträchtigen – eben auch nicht die der jüngeren und an Kontakten mit der Insel interessierten. Kubanisch-stämmige US-Bürger sind ja von den Reiserestriktionen seit langem ausgenommen und bleiben dies auch. Sie dürfen zu Verwandtenbesuchen ohne Schwierigkeiten reisen. Trumps Maßnahmen umfassen auch keine Einschränkungen für Geldsendungen an Familienangehörige auf der Insel. Florida ist ein Schlüsselstaat für Wahlen in den USA, und die neuen Maßnahmen von Trump sind schon clever gewählt, um möglichst keine Sektoren der kubanisch-stämmigen Wählerschaft zu stark zu verprellen.

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