Unfall auf Bremer Osterwiese: Gondel-Abriss trotz Kontrolle

Trotz zahlreicher bestandener TÜV-Prüfungen verursachte das Bremer Unglücks-Karussel "Commander" bereits vor zwei Jahren in Lüdenscheid einen Unfall.

Bunt, aber regungslos: Nach dem Gondel-Unglück steht der "Commander" still. Bild: Simone Schnase

Kein Thema war das Karussel-Unglück auf der Bremer Osterwiese am Sonntag, bei dem ein 14-jähriges Mädchen und ein 33-jähriger Mann leicht verletzt worden waren, beim Schaustellergespräch mit der Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD (AGS). Der Bremer Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD) sagte: „Ich hoffe, dass die Menschen trotzdem noch Vertrauen in die Technik haben.“

Das 20 Jahre alte Fahrgeschäft „Commander“ hat eine Fülle von Kontrollen und Prüfungen vorzuweisen, trotzdem verursachte es bereits zwei Unfälle: 2010 riss in Lüdenscheid eine Gondel ab und schleuderte gegen ein Absperrgitter. Ursache: Bruch eines Lagers. Der Teil-Abriss einer Gondel am vergangenen Sonntag lag wahrscheinlich an einer defekten Schweißnaht.

Beiden Unfällen gingen regelmäßige Prüfungen voraus. 2009 waren einige verschlissene Gondellager ausgetauscht worden. „Nach solchen Reparaturen“, so Achim Hüsch vom TÜV Rheinland, „führen wir eine so genannte Änderungsprüfung durch.“ Obwohl auch die verbliebenen Lager für stabil befunden wurden, ging eines von ihnen ein Jahr später mitten im Fahrbetrieb kaputt. Danach tauschte eine Fachwerkstatt auch die restlichen Lager aus und bescheinigte, alle Schweißnähte mithilfe des „Farbeindringverfahrens“ geprüft zu haben. „Dieses Verfahren“, sagt Hüsch, „ist geeignet, um die Oberfläche der Nähte verlässlich zu kontrollieren, nicht aber die Dichtigkeit darunter.“ Dennoch bestätigte auch der TÜV Nord sowohl 2010 als auch 2011, dass die Schweißnähte intakt seien.

Einmal jährlich muss sich ein Fahrgeschäft der Verlängerungsprüfung und nach jeder Reparatur einer Änderungsprüfung durch den TÜV unterziehen.

Der TÜV nimmt Geschäfte ab einem Alter von zwölf Jahren alle sechs Jahre gesondert unter die Lupe.

Die untere Bauaufsicht prüft nach dem Aufbau eines Karussels, ob es allen vorliegenden Unterlagen entspricht. Der Betreiber muss das Fahrgeschäft jeden Tag einer Sichtprüfung unterziehen.

2011 unterzog der TÜV Rheinland den „Commander“ einer Sonderprüfung, die bei älteren Fahrgeschäften Vorschrift ist: „Hier wird auch Röntgen und Ultraschall eingesetzt“, sagt Hüsch. Doch zu konkreten Fragen rund um das Unglücks-Karussel will sich der TÜV nicht äußern. Auch nicht zur Frage, ob man hätte erkennen müssen, dass es eine undichte Naht gab. Man müsse erst abwarten, was die Ergebnisse der Sachverständigen ergäben.

Bei der Jahresprüfung einen Tag vor dem Unfall hätte die defekte Nahtstelle nicht entdeckt werden können, da es sich hierbei um eine reine Sichtprüfung handele. Wolfgang Golaswoski, Staatsrat für Bau und Verkehr, kündigte bereits an, dass der Arbeitskreis „Fliegende Bauten“, in dem die Bundesländer und TÜV-Organisationen vertreten sind, das Thema Prüfverfahren nun diskutieren werde.

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