Ungarn stimmt Schwedens Nato-Beitritt zu: Orbán gibt die Blockade auf

Nach knapp einjährigem Stillstand gibt Ungarn grünes Licht für Schwedens NATO-Beitritt. Offenbar wurde der internationale Druck zu groß.

Abstimmung über den Nato-Beitritt Schwedens.

Viktor Orbán (r.) stimmt über die schwedischen NATO-Mitgliedschaft ab Foto: Marton Monus/dpa

WIEN taz | Das ungarische Parlament hat Montagnachmittag dem NATO-Beitritt Schwedens zugestimmt. Dem voraus ging der späte Sinneswandel von Premier Viktor Orbán, der letzten Freitag das Ende seiner langen Blockade bekanntgab. Dank der parlamentarischen Zweidrittelmehrheit seiner Partei Fidesz war die Zustimmung am Montag nur mehr Formsache.

Nun fehlt nur noch die Unterschrift des Staatsoberhauptes, die aufgrund des Rücktritts der Präsidentin Katalin Novák wohl Parlamentspräsident Laszlo Köver vornehmen wird. Wohl im März wird Schweden als 32. NATO-Staat willkommen geheißen.

Schweden hatte die Mitgliedschaft infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Mai 2022 beantragt. Schweden wurde im Jahr 1812 nach unzähligen Kriegen, unter anderem gegen Russland, neutral. Und blieb es bis heute. Finnland, dessen Neutralität im Kalten Krieg eher von Russland aufgezwungen als selbstgewählt war, beantragte ebenfalls im Mai 2022 die NATO-Aufnahme. Im April 2023 wurde Finnland Mitglied.

Im Fall Schwedens dauerte es länger, da die Türkei und wenig später Ungarn eine Blockade einlegten. Umso größer nun die Erleichterung in Stockholm. Von einem „historischen Tag“ sprach Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson Kristofferson am Montag. Bereits letzte Woche war er nach Budapest gekommen, um die Einigung zu präsentieren. Die Einladung kam vom ungarischen Premier zurück, demzufolge man im bilateralen Austausch noch „Hürden“ zu klären hatte.

Der internationale Druck auf Ungarn wurde immer größer

Inhaltlich habe es von Anfang an keine wirklichen Schwierigkeiten oder Bedingungen gegeben, sagt hingegen Rudolf Berkes, Politikexperte beim ungarischen Thinktank Political Capital. Vielmehr sei der internationale Druck auf Ungarn zuletzt deutlich angestiegen, insbesondere seitdem die Türkei im Dezember ihre Blockade gegen einen NATO-Beitritt beendete. Zuletzt kamen auch innenpolitische Turbulenzen für Orbán dazu.

Beispielhaft für den internationalen Druck stehe eine parteiübergreifende Delegation von US-Senatoren, die erst letzte Woche in Budapest war. Hauptzweck war eine Ursachenforschung zur Frage, warum Ungarn so lange blockiere. Die ungarische Regierung boykottierte die Senatoren jedoch, sprach keinerlei Einladungen aus. Sie konnten am Ende nur Vertreter der Zivilgesellschaft treffen. „Ein nie dagewesener Affront“, sagt Berkes. Und eben Ausdruck der Verstimmungen.

Dass Orbán nun doch endlich einlenkte, sei ausschließlich politisch motiviert gewesen beziehungsweise notwendig geworden, sagt Berkes. Zwar gab Orbán nun bekannt, zusätzlich zu den 14 bestehenden vier weitere Gripen-Kampfjets aus Schweden zu bekommen. Experte Berkes zufolge sei dieser Kauf aber schon länger Thema gewesen als die NATO-Debatte. Um sie kaufen zu können, hätte Ungarn also nicht Schweden erpressen müssen.

„Auch die Einladung des schwedischen Ministerpräsidenten Kristersson diente Orbán nur dazu, sein Gesicht zu wahren“, sagt Berkes. „So kann er auf produktive Gespräche verweisen, die aber nur kaschieren sollen, dass Ungarn von Anfang an keinen wirklichen Grund für die Blockade hatte.“

Vielmehr habe Orbán ursprünglich Pluspunkte bei Erdoğan sammeln wollen, indem er dessen anfängliches Veto mittrug. Zuletzt aber war die ungarische Regierung schlicht nicht auf die türkische Zustimmung Ende Dezember vorbereitet gewesen, sagt Berkes. Und musste nun eben nachziehen.

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