Union will Vorratsdatenspeicherung: Nationaler Alleingang

Der CDU-Vize-Vorsitzende Thomas Strobl drängt darauf, die Vorratsdatenspeicherung möglichst schnell vorzuschreiben: Das sei trotz EuGH-Urteil möglich.

Noch ist die Vorratsdatenspeicherung nicht vom Tisch. Bild: dpa

BERLIN afp | Die Union erwägt einen nationalen Alleingang zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung. Das Urteil des Europäischen Gerichtshof „verdammt uns keineswegs zur Untätigkeit“, sagte CDU-Vize Thomas Strobl der Stuttgarter Zeitung vom Mittwoch. Die SPD zeigte sich uneins über die mögliche Einführung der Vorratsdatenspeicherung. Linke und Grüne kritisierten die Überlegungen der großen Koalition.

Auch bei näherer Betrachtung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestehe Spielraum für den nationalen Gesetzgeber, sagte Strobl. Die Bekämpfung der Kinderpornografie etwa könne nur dann erfolgreich sein, wenn das Sexualstrafrecht wie geplant verschärft und zugleich die Polizei mit den geeigneten Ermittlungsinstrumenten ausgestattet werde.

Wenn nach dem EuGH-Urteil keine neue EU-Richtlinie zustande komme, „müssen wir eben doch auf nationaler Ebene eine Lösung suchen“, sagte auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), dem Berliner Tagesspiegel vom Mittwoch. „Eine fehlende EU-Richtlinie allein ist kein Grund, ganz auf das wichtige Instrument der Vorratsdatenspeicherung zu verzichten.“

Es gebe Fälle besonders schwerer Kriminalität, in denen die Metadaten zur Aufklärung unverzichtbar seien, sagte Mayer. Dazu zählten Mord und Terrorismus. Mayer äußerte sich aber grundsätzlich optimistisch, dass nach dem EuGH-Urteil innerhalb von zwei Jahren eine neue EU-Richtlinie zustande kommen werde.

Der EuGH hatte die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung am 8. April für unverhältnismäßig erklärt und eine weitreichende Reform zum Schutz der Privatsphäre der Bürger gefordert. Die verdachtlose Speicherung der Verbindungsdaten von Telefon, Internet und E-Mail müsse „auf das absolut Notwendige“ beschränkt werden, urteilten die Luxemburger Richter.

Seither streitet die große Koalition über die Zukunft der Vorratsdatenspeicherung. Während die Union auf eine baldige Neuregelung drängt, tritt die SPD auf die Bremse. SPD-Vize Ralf Stegner sagte kürzlich, das Instrument der anlasslosen und flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung sei mit dem Urteil „tot“.

Befürworter auch bei der SPD

Allerdings gibt es auch in der SPD Befürworter der Vorratsdatenspeicherung. Der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall sagte am Mittwoch im Deutschlandfunk, der Staat könne auf die Vorratsdatenspeicherung nicht gänzlich verzichten.

„Wir haben gegenwärtig eine offene Flanke in der Verbrechensbekämpfung und der Verbrechensabwehr“, sagte der SPD-Politiker. „Wir sollten in der Lage sein, mit kriminellen Netzwerken auch Schritt zu halten, die via Internet, die via Handy, die via Telefon ihre Verbrechen vorbereiten.“

Die Linken kritisierten die Überlegungen der Union zu einem nationalen Alleingang. Das Urteil sage eindeutig, dass die Vorratsdatenspeicherung mit den Grundrechten nicht zu vereinbaren sei. „Da kann auch Herr Strobl keine Spielräume für nationale Alleingänge sehen“, erklärte der Bundesgeschäftsführer der Linken, Matthias Höhn.

„Die anlasslose Speicherung von Telekommunikationsdaten auf Vorrat ist mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs generell unvereinbar“, erklärte der innen- und justizpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Jan Philipp Albrecht. „Diese Tatsache haben führende Politiker aus Union und SPD offenbar immer noch nicht verstanden“

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