Variierende Eintrittspreise für Disneyland: Sag Micky, wo du wohnst

Franzosen zahlen weniger Eintritt für Disneyland als ausländische Besucher. Es ist nur fair, die Einheimischen mit einem Rabatt aufzumuntern.

Besucher auf einem Wagen mit Mickey und Minni Maus

Der Eintritt in Mickeys Paradies kostet für die Briten weniger als für Deutsche. Foto: imago/Gueffroy

Diskriminierung! Abzocke! Sommerloch. Deutsche Boulevardmedien sind empört über die „gemeinen“ Eintrittspreise von Europas größtem Freizeitpark, Disneyland im Département Val-de-Marne bei Paris. Alle lieben Micky und Co. und „zauberhaften Urlaub“ sowieso. Doch der Park soll Besucher aus Deutschland und Großbritannien benachteiligen. Das ist der Vorwurf, dem die EU-Kommission gerade nachgeht.

Franzosen zahlen tatsächlich weniger als Deutsche und Briten und alle anderen Nationalitäten, von A wie Afghanistan bis Z wie Zimbabwe, für ein Tagesticket. So berappen Franzosen für ein Ticket auf der französischen Webseite 47 Euro – Deutsche auf der deutschen Seite aber 84 Euro. Für ein Premiumpaket muss laut Financial Times ein Besucher aus Deutschland 2.447 Euro zahlen, ein Brite 1.870 Euro und ein Franzose 1.346 Euro. Hinzu kommt, dass Interessenten im Internet direkt auf die nationalen Seiten mit höheren Preisen umgeleitet werden – die IP-Adresse des Computers zeigt dem Unternehmen, wo sich ein Nutzer ins Internet einloggt.

Grundsätzlich gilt jedoch in Europa: gleiche Preise für alle. Einheimischen-Rabatte stellen eine Privilegierung von Ortsansässigen gegenüber anderen Unionsbürgern dar. Und das ist europarechtswidrig. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das im Fall italienischer Museen vor vielen Jahren so entschieden. Schon 2006 hatte die EU eine Richtlinie verabschiedet, wonach jeder EU-Bürger eine Dienstleistung in jedem EU-Land zu denselben Bedingungen in Anspruch nehmen kann. Dazu zählt auch das Vergnügen im Freizeitpark.

Es ist in der EU allerdings zuweilen gestattet, Preise nach Herkunft zu differenzieren. Die Regeln dafür sind streng. Zulässig kann etwa die Berufung auf marktspezifische oder können saisonale Gründe sein. Beides scheint im Fall von Disneyland gegeben.

Wider dem kulturellen Selbstverständnis

Denn Mickymaus, Winnie Puuh und die Ratte aus Ratatouille locken zwar jährlich 16 Millionen Besucher an, doch Disneyland ist chronisch verschuldet. Wegen der lahmenden Wirtschaft ist die Zahl der Besucher in den vergangenen zwei Jahren zurückgegangen. Kein Wunder, dass die Betreiber mit günstigeren Angeboten um ortsnahe Besucher buhlen.

Die haben es ohnehin verdient. Müssen sie doch den ganzen Freizeitrummel aushalten, der ihrem kulturellen Selbstverständnis so gründlich widerstrebt. In den 1980er Jahren gab es erhitzte Debatten darüber, ob der europäischen Disney-Tochter in Frankreich die Baugenehmigung erteilt werden sollte. Intellektuelle empörten sich über die drohende kulturelle Invasion der Amerikaner. Kulturimperialismus. Er werde nicht in dieses Neu-Entenhausen gehen, wetterte der damalige sozialistische Kulturminister Jack Lang. Expräsident François Mitterrand jedoch gewährte dem Freizeitparkbetreiber 1987 die Nutzungsrechte der rund 40 Kilometer östlich von Paris gelegenen Fläche. Der Staat baute dem Park nicht nur eigene Autobahnanschlüsse, sondern auch einen Bahnhof für Hochgeschwindigkeitszüge.

Steuergelder für Entenhausen, auch das rechtfertigt einen Preisnachlass für die in ihrer nationalen Identität bedrohten Franzosen. Es ist wichtig, die Ortsansässigen bei Laune zu halten, denn sie sind Meinungsbildner und Multiplikatoren. Und nicht jeder Einwohner profitiert vom Tourismusgeschäft rund um den Park. Einige tragen nur die Lasten in Form höherer Lebenshaltungskosten, höherer Immobilienpreise und langer Verkehrsstaus. Es ist also nur fair, die Einheimischen mit einem saftigen Rabatt aufzumuntern.

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Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.

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