Venedig verlangt Eintritt: Fünf Euro gegen den Massenansturm

Wer eine Tagestour nach Venedig macht, zahlt künftig Eintritt. Zu härteren Maßnahmen gegen Überfüllung kann sich die Stadt aber nicht durchringen.

Touristen stehen auf der Rialtobrücke in Venedig und schauen auf den Canal Grande.

Touristenboom in Venedig: die Lagune wird von europäischen, amerikanischen und vielen asiatischen ATouristen belagert Foto: Luca Ponti/imago

ROM taz | Es war eine Weltpremiere: Venedig erhebt als erste Stadt überhaupt Eintritt für den puren Besuch. Seit dem 25. April müssen Tagesgäste fünf Euro Eintritt berappen, wenn sie die Lagunenstadt besichtigen wollen – wenigstens an Tagen, an denen außergewöhnlicher Andrang droht.

Verschämt spricht die Stadtverwaltung von einem „Zugangsbeitrag“. In diesem Jahr soll er an 29 Tagen für Ta­ges­tou­ris­t*in­nen fällig werden, die sich hier jeweils zwischen 8.30 Uhr und 16 Uhr aufhalten.

Nicht umsonst ging es mit dem 25. April los. Dieser ist in Italien gesetzlicher Feiertag, an dem der Befreiung des Landes von der Herrschaft der Nazis und Faschisten im Jahr 1945 gedacht wird. Und da in der kommenden Woche mit dem 1. Mai der nächste große Feiertag ansteht, hat die Stadtspitze die Zahlungspflicht für Be­su­che­r*in­nen gleich für die gesamten elf Tage beschlossen. Bis zum 14. Juli gilt sie dann immer an den Wochenenden. Schon am ersten Tag wurden nach Auskunft der Stadt rund 10.000 Tagestickets gekauft.

Nichts bezahlen müssen Einheimische und Pendler*innen, Bür­ge­r*in­nen der Region Veneto, Kinder bis 14 Jahren und Übernachtungsgäste. Doch auch letztere bekommen von ihrem Hotel oder B&B einen QR-Code, den sie mit sich tragen müssen. Wer ohne Code erwischt wird, zahlt bis zu 300 Euro Buße.

Venedig: an vielen Tagen völlig überlaufen

Einigermaßen plausibel klingt die Begründung, die Bürgermeister Luigi Brugnaro für die Maßnahme lieferte: Venedig sei mittlerweile an vielen Tagen völlig überlaufen, deshalb gelte es, wenigstens an den Spitzentagen die Besucherströme einzuhegen, so Brugnaro. In der Tat ist Venedig ein Paradebeispiel für den sogenannten Overtourism: dafür, dass Städte oder Locations durch den Ansturm der Tou­ris­t*in­nen förmlich erdrückt werden.

Andererseits haben die Verantwortlichen in Venedig sonst so gut wie nichts unternommen, um die Verwandlung der Stadt in ein Freilichtmuseum auf anderen Wegen zu verhindern oder wenigstens zu bremsen. 15 Millionen Be­su­che­r*in­nen kommen jährlich, um sich durch enge Gassen zu schieben, in denen immer weniger Einheimische wohnen.

Die Zahl derer, die ganz normal in der ins Wasser gebauten Altstadt wohnen und leben, ist auf unter 50.000 gefallen. Währenddessen hat sich die Zahl der Gästebetten dort auf mittlerweile über 50.000 erhöht. Doch stringente Maßnahmen, wie etwa ein gesetzliches Verbot, Wohnraum in B&Bs oder Ferienwohnungen umzuwandeln, sind bisher nicht durchgesetzt.

Bloß ein „Signal“ stelle der jetzt fällige Eintrittspreis dar, mehr aber auch nicht, meint der in Venedig an der Architekturuniversität IUAV lehrende Professor Salvatore Russo in einem Interview mit dem Corriere della Sera, denn „fünf Euro haben wir alle“.

Wenigstens eines hat die Stadt allerdings mit dem „Zugangsbeitrag“ erreicht: Die Unesco hat ihre Entscheidung, ob sie Venedig auf die schwarze Liste der bedrohten Kulturgüter setzt, erst einmal vertagt.

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