Vor dem Start des UN-Umweltgipfels: Prima Klima in Lima

Vor Beginn der Konferenz ist die Stimmung so optimistisch wie lange nicht. Entschieden wird über Details des Vertrags zur Begrenzung der Erderwärmung.

Ein Bauer in China kämpft auf einem Reisfeld mit den Folgen der Erderwärmung. Bild: reuters

BERLIN taz | Lima erwartet einen seltenen Gast. Er ist vorsichtig, leicht flüchtig und hat sich eigentlich vor Jahren verabschiedet: der Optimismus. Aber vor der 20. UN-Klimakonferenz vom 1. bis 12. Dezember steigt bei vielen Delegierten und Beobachtern die Hoffnung auf echten Fortschritt. Die Verhandlungen in der peruanischen Hauptstadt sollen den Weg freimachen für ein umfassendes Klimaabkommen, das im Dezember 2015 in Paris abgeschlossen werden soll. Und die Chancen dafür stehen nicht schlecht.

Denn anders als auf bisherigen Konferenzen haben sich die großen Klimasünder der Welt bewegt. Die USA und China haben sich überraschend Anfang November zu neuen Zielen bekannt. US-Präsident Barack Obama will die Emissionen bis 2025 um etwa 27 Prozent gegenüber 2005 senken, sein Amtskollege aus Xi Jinping plant, den Ausstoß von Treibhausgasen ab 2030 nicht mehr zu steigern. Weil sich im Oktober auch die Europäische Union nach langen internen Querelen auf ein Klimaziel für 2030 geeinigt hat (minus 40 Prozent gegenüber 1990, und unverbindliche Quoten für erneuerbare Energien und Effizienz), legen zum ersten Mal in der Geschichte die „dreckigen drei“, die etwa die Hälfte aller globalen Emissionen ausmachen, gleichzeitig ernsthafte Vorschläge auf den Tisch.

Für die Chefin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres, ist diese Konstellation ein „wichtiger Pfad für eine bessere Zukunft der Menschheit“. Sie zeige, dass wichtige Volkswirtschaften entschlossen seien, den Klimawandel zu bekämpfen“.

Aber nicht nur Berufsoptimisten wie Figueres sind elektrisiert. Auch Umwelt- und Entwicklungsgruppen erlauben sich leichte Anflüge von Hoffnung. Martin Kaiser, Chef der Klimakampagne von Greenpeace, sagt: „In die Verhandlungen ist wieder Fahrt gekommen. Noch nie in den letzten Jahren gab es so positive politische Signale vor einer Konferenz.“

Grund dafür sind nicht nur die Ziele aus den USA, China und Europa – die jedes für sich längst nicht so anspruchsvoll sind, wie sie klingen –, sondern ein 23-seitiges „Nicht-Papier“ über „Elemente für den Entwurf eines Verhandlungstextes“, wie es in der gestelzten UN-Sprache heißt: Ein Vorschlag für das Paris-Abkommen, das bereits in Lima so weit wie möglich verhandelt werden soll, eine „Blaupause für Paris“, wie Kaiser hofft.

Noch ist das Papier ausschweifend und voller „Optionen“, noch fehlen harte Zahlen zu Reduktionsverpflichtungen, Finanzhilfen und Zeitrahmen. Aber der Entwurf setzt die Zielmarke für die globale Erwärmung bei „unter 2 oder 1,5 Grad Celsius“, und er mahnt „tiefe Einschnitte“ bei den Treibhausgasen an: Minus 40 bis 70 Prozent weltweit schon bis 2050 und „fast Nullemissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen bis zum Ende des Jahrhunderts“.

Nur die Realität stört

„Die inhaltliche Debatte über das Paris-Abkommen wird in Lima geführt“, sagt Sönke Kreft von der Entwicklungsorganisation Germanwatch. Neben den großen Zielen wird es in Peru vor allem um das wichtige Kleingedruckte gehen: Wann legen alle Staaten ihre Vorschläge für Paris vor? Wie sind die unterschiedlichen Selbstverpflichtungen zu vergleichen – etwa verschiedene Bezugsjahre und Rechnungsmethoden? Wie viel Geld fließt noch in den „Grünen Klimafonds“, mit dem Klimaschutz und Anpassung in den armen Ländern finanziert werden sollen? Wie engagieren sich die Staaten beim Klimaschutz, bevor ein mögliches Paris-Abkommen 2020 in Kraft tritt? Wie kann der Ausbau von erneuerbaren Energien weltweit noch schneller vorankommen? Um diese entscheidenden Details wird in Lima hart und nächtelang gerungen werden.

Aus dem Scheitern des Klimagipfels von Kopenhagen 2009 haben die Unterhändler gelernt. Anders als damals wird nicht ein geheimer Vorschlag in letzter Minute aus dem Hut gezaubert, sondern das „Nicht-Papier“ der entscheidenden Verhandlungsgruppe offen und breit schon ein Jahr vorher diskutiert. Auch das birgt Risiken: Der Vorschlag kann von den Staaten bis zur Unkenntlichkeit zerpflückt werden oder bereits im Voraus so zahm geraten, dass er niemandem wehtut und nichts erreicht.

Bei allem Optimismus in Lima stört nur die Realität: Das Jahr 2014 hat gute Aussichten, das bislang wärmste Jahr seit 1880 zu werden. Und der Ausstoß von CO2 ist bislang im letzten Jahrzehnt immer schneller gewachsen. Und der Anteil von Kohlendioxid an der Atmosphäre hat mit 396 ppm (parts per million) einen neuen Rekordwert erreicht.

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