Wahl in Griechenland: Mitsotakis vor zweiter Amtszeit

Die Nea Dimokratia gewinnt die Wahl in Griechenland. Linke Syriza schneidet noch schlechter ab als bei der letzten Wahl vor erst fünf Wochen.

Wird erneut ohne Koalitionspartner regieren können: Kyriakis Mitsotakis am Sonntagabend Foto: ap

ATHEN taz | Die konservative Nea Dimokratia (ND) hat am Sonntag die Parlamentswahl in Griechenland klar für sich entschieden. Sie erhielt nach Auszählung fast aller Stimmen 40,5 Prozent der Stimmen und konnte damit die absolute Mehrheit von 158 Mandaten im 300-köpfigen Parlament erringen. Dies war möglich, weil der erstplatzierten Partei bei dieser Wahl ein Mandate-Bonus gewährt wird.

Neuer Regierungschef ist damit der bisherige Amtsinhaber Kyriakos Mitsotakis. Er kann mit seiner Partei ND weiter alleine in Athen regieren. Der 55-jährige ND-Chef regiert Griechenland bereits seit Juli 2019, ohne auf einen Bündnispartner angewiesen zu sein.

Bei der letzten Parlamentswahl vor erst fünf Wochen, am 21. Mai, hatte die ND noch 40,79 Prozent der Stimmen auf sich vereint. Damit verfehlten die Konservativen aber auf Grundlage des bei jenem Urnengang geltenden reinen Verhältniswahlrechts nach deutschem Vorbild die absolute Mehrheit der Mandate um fünf Mandate. Weil keine der fünf Parlamentsparteien nach dem Urnengang im Mai eine Koalition mit einer Partei eingehen wollte, wurde die Wahl für den 25. Juni erneut ausgerufen.

Die Wahlbeteiligung brach am Sonntag auf 52,8 Prozent ein – eine historische Negativmarke in Griechenland. Das sind stattliche 8,3 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl vor fünf Wochen. Insgesamt acht Parteien schafften den Einzug ins Parlament, gleich drei Parteien mehr als bei der Mai-Wahl.

Syriza abgeschlagen auf Platz 2

Mit einem Rückstand von knapp 23 Prozent landete das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) abgeschlagen hinter der ND auf Platz zwei. Syriza kam auf 17,8 Prozent der Stimmen und 48 Mandate, 23 Sitze weniger als bisher. Die sozialdemokratische Pasok kam auf 11,8 Prozent der Stimmen (32 Sitze), die Kommunistische Partei KKE vereinte 7,7 Prozent (20 Sitze) der Stimmen auf sich und für die nationalkonservative Griechische Lösung votierten 4,4 Prozent der Wähler (12 Sitze).

Den Sprung über die Dreiprozenthürde schafften erstmals die ultranationalistischen Spartaner mit 4,6 Prozent (12 Sitze), die ultrareligiöse Partei Niki (der Sieg) mit 3,7 Prozent (10 Sitzen) sowie die linksnationale Plefsi Eleftherias (Kurs der Freiheit) mit 3,2 Prozent (8 Sitze).

Der alte und neue Premier Kyriakos Mitsotakis feierte am Sonntagabend vor der ND-Parteizentrale in Athen vor versammelten Parteimitgliedern und Anhängern mit überschwänglicher Freude den Wahlsieg. Er werde der „Premierminister aller Griechen“ sein, sagte Mitsotakis. Die ND habe eine „bequeme Mehrheit“ im Parlament errungen und ein „starkes Mandat“ vom griechischen Wähler erhalten, um „mit mutigen Schritten nach vorne den Weg des Fortschritts und des sozialen Zusammenhalts zu gehen“.

Die ND sei „die stärkste Mitte-Rechts-Partei in Europa“, hob Mitsotakis hervor. „Wir haben endgültig den Kreis der Spaltung und der Toxizität geschlossen, der vor zehn Jahren begonnen hat“, fügte er hinzu – ein unverhohlener Seitenhieb auf die radikallinke Syriza unter Ex-Regierungschef Alexis Tsipras.

Zukunft von Tsipras steht auf dem Spiel

Der ND-Widersacher Syriza steht nun vor einem Scherbenhaufen. In den 2010er-Jahren hatte sich Syriza in Griechenland von einer Kleinpartei zur Regierungspartei katapuliert. Bei Syrizas Wahltriumph im Januar 2015, der in ganz Europa Aufsehen erregte, holten die Radikallinken 36,34 Prozent der Stimmen. Bei der Wiederwahl der Regierung Tsipras im September 2015 waren es 35,46 Prozent. Der politische Emporkömmling Syriza verdankte seinen rasanten Aufstieg maßgeblich dem zugleich rapiden Verfall der sozialdemokratischen Pasok.

Im Vergleich zum Urnengang vom Juli 2019, den Syriza gegen die ND mit einem Rückstand von acht Prozentpunkten verloren hatte, büßte Syriza am Sonntag fulminante 14 Prozentpunkte ein. Mit fallender Tendenz: Im Vergleich zur Wahl im Mai verlor Syriza gut zwei Prozentpunkte.

Folgerichtig präsentierte sich Syriza-Chef Alexis Tsipras, 48, am Sonntagabend niedergeschlagen. Das Wahlergebnis sei „negativ für Syriza, aber vor allem negativ für die griechische Gesellschaft und Demokratie“, sagte er. Zwar bleibe Syriza „die führende Oppositionskraft“ in Athen. Aber: „Das ist eine ernsthafte Wahlniederlage für uns. Das erfordert schnelle Entscheidungen für notwendige Änderungen“, kündigte Tsipras an.

„Für Syriza ist ein großer und kreativer historischer Zyklus zu Ende gegangen, ein Zyklus, der einen positiven Beitrag für die gesellschaftliche Mehrheit und Griechenland geleistet hat“, so Tsipras weiter. Gleichzeitig stellte er mit Blick auf Syriza fest, dass „wir die notwendigen Veränderungen vornehmen müssen, damit ein neuer, noch vielversprechenderer Zyklus bald und dynamisch eröffnet werden kann, um die Risiken für die Demokratie anzugehen und die Bedingungen für neue Zusammenhänge zugunsten des Fortschritts zu schaffen“.

Er sagte, dass Syriza seine Entscheidungen „durch koordinierte und kollektive Prozesse“ treffen werde, „so wie es sich für eine demokratische und partizipatorische Partei gehört“, und dass „die Parteimitglieder aufgerufen sind, uns alle zu beurteilen und eine Strategie zu formulieren, die auf die schwierigen Umstände reagiert“. Tsipras, der Syriza seit 2008 führt, stellte abschließend klar: „Es versteht sich von selbst, dass ich in diesem schöpferischen kollektiven Prozess des Wiederaufbaus der Erste bin, der sich dem Urteil der Parteimitglieder stellen wird.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.